Männer und ihre Rolle bei der Gleichstellung
Wie man ein sogenannter männlicher Verbündeter wird und warum das für Frauen wichtig ist
Von Annika Heffter (Heilbronner Stimme), Foto: privat
Male Allyship: Ein Tandem im Gespräch
Am Weltfrauentag wird viel über Frauen geredet. Dabei sind Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Sexismus, Chancengleichheit oder etwa Diversität in Führungspositionen keine reinen Frauenthemen, sagen Katharina Fröhlich und Michael Durst. Die beiden sind Teil des Frauenförderprogramms WoMent der Heilbronner Hochschulen – sie als Geförderte, er als Mentor. Beide haben sich die Frage gestellt: Welche Rolle spielen Männer bei der Gleichstellung der Geschlechter?
„Eine große“, antwortet Katharina Fröhlich. Zwar sieht sie, dass „sich in der Gesellschaft bei dem Thema zum Glück schon viel tut“, aber der Weg sei trotzdem noch lang. Männer hätten bestimmte Privilegien, noch immer sei das Gesellschaftssystem nach einem gewissen männlichen Standard ausgerichtet, Stereotype und alte Geschlechter-klischees existieren nach wie vor. „Dieser patriarchalen Strukturen muss man sich als Mann bewusst werden und sehen, dass man von ihnen profitiert“, sagt Fröhlich.
Das ist für die Master-Studentin der Hochschule Heilbronn im Bereich International Marketing und Communication der erste Schritt hin zu einer Gesellschaft, in der Männer und Frauen sich gegenseitig unterstützen. „Es geht vor allem darum, sich zuzuhören und sich mit anderen Perspektiven auseinanderzusetzen“, sagt sie.
Michael Durst erzählt: „Durch das Förderprogramm habe ich einen neuen Begriff gelernt: male ally.“ Das heißt auf deutsch „männlicher Verbündeter“. Als solcher würde sich Durst zu diesem Zeitpunkt noch eher bedingt bezeichnen. Aber: „Ich denke bewusster über das Thema nach, informiere mich und reflektiere.“ Dazu, ergänzt Fröhlich, gehöre auch, „sich als Mann aktiv gegen Sexismus zu stellen“ und anzusprechen, wenn man sexistisches Verhalten oder Gespräche miterlebe.
„Gleichstellung ist ein großes gesellschaftliches Thema. Alle sollten die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben“, sagt Durst. Damit das funktioniert, müssten aber auch „alle aktiv werden, wenn jemand einen unfairen Vorteil hat“. Die Wurzel des Problems liegt für ihn in der Gesellschaft – schon im Kindesalter würden problematische Rollenbilder erlernt und verfestigt. Was die berufliche Förderung angeht, sieht Durst keinen großen Unterschied, ob er nun Frauen oder Männer als Mentor betreut. „Zu 80 Prozent ist das Mentoring gleich, es gibt aber ein paar Aspekte, die bei Frauen anders sind“, erzählt er. Beispielsweise „ist bei Frauenkarrieren der Lebenspartner ein entscheidenderer Faktor.“ Außerdem würden sich Bewerberinnen
beim Vorstellungsgespräch oft anders verhalten. „Frauen verkaufen sich häufiger unter Wert“, etwa bei den
Gehaltsvorstellungen. Das sei auch beim Mentoring immer wieder Thema.
Von mehr Gleichstellung, betont Katharina Fröhlich, „profitieren im Übrigen auch die Männer“. Inwiefern? „Klischees, was typisch männlich oder typisch weiblich ist, können natürlich auch Männern schaden“, erklärt Fröhlich. „Toxische Maskulinität“ führe dazu, dass Männer sich zum Beispiel nicht trauen, Verletzbarkeit oder Gefühle zu zeigen, weil sie denken, sie müssten „stark“ sein. Mehr Gleichstellung würde es Männern zudem erleichtern, „das Familienglück zu teilen“, so Fröhlich. Viele Väter würden sich mehr Zeit mit ihren Kindern wünschen und flexiblere Arbeitszeitmodelle begrüßen. Und zu guter Letzt: „Es ist unglaublich, wie viel Potenzial unserer Wirtschaft verloren geht“, bedauert Fröhlich. Nicht nur die Teilzeitfalle spiele hier eine Rolle – „Frauen sollten aktiv mitberücksichtigt werden, und es sollten faire Chancen für den Aufstieg geschaffen werden.“ Bei den Workshops des Frauenförderprogramms, erzählt Fröhlich, denke sie häufig: „Wow, was hier für tolle Frauen sind! Dieses ganze Potenzial müssen wir besser nutzen.“