Podiumsdiskussion an der HHN: Frauen in Führungspositionen sind noch immer selten

Frauenquote, Patchwork und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Bei einer Podiumsdiskussion an der Hochschule Heilbronn schlugen rund ums Thema Gleichberechtigung viele Punkte auf.

Von Lisa Könnecke Foto: Christiana Kunz

Gut gelaunt und mit einem fröhlich orange leuchtenden Blazer – passend zur Wandfarbe im Neubau der Experimenta – ist Professorin Bärbel Renner an diesem Montag in dem Heilbronner Science Center unterwegs. Seit Juli ist sie die Geschäftsführerin der Einrichtung und folgt damit auf Dr. Wolfgang Hansch, der das Science Center mitgründete und 15 Jahre lang leitete.

Für die Heilbronner Stimme gibt Bärbel Renner einen Ausblick, wohin sie mit der Experimenta in den nächsten Jahren steuern will und wie sie Menschen in diesen Zeiten Mut zum Gestalten machen will.

Barrieren abbauen – zum Beispiel über leichte Sprache

Drei Felder hebt die 61-Jährige hervor, die nun stärker in den Fokus rücken sollen: Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz (KI) und Diversität. Unter letzterem versteht sie besonders die Vielfalt bei den Besuchern der Lern- und Erlebniswelt, die sie künftig weiter ausbauen will. Dabei, erklärt Renner, gehe es darum, „Barrieren abzubauen“, nicht nur für Menschen mit Handicap, sondern auch für andere Zielgruppen, die das Science Center bisher noch nicht kennen. „Dazu werden wir stärker evaluieren: Was gefällt den Menschen bei uns und warum?“

Eine konkrete Maßnahme, um Barrieren abzubauen, sei erst kürzlich umgesetzt worden: „Alle Exponate verfügen jetzt auch über Erklärungen in leichter Sprache“, berichtet Renner.

Die anderen beiden Bereiche, Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz, seien komplex, zukunftsorientiert – und auch deshalb für die Experimenta interessant. „In unseren Ausstellungs-Welten können wir sie aus verschiedenen Perspektiven abbilden und interaktive Formate anbieten, die zum Mitgestalten anregen“, sagt die Geschäftsführerin. Über Laborkurse, die Sternwarte, den Maker Space oder Shows und Filme im Science Dome habe die Experimenta viele Möglichkeiten, Wissen auf unterhaltsame und nachhaltige Weise zu vermitteln.

“Was alle angeht, können nur alle lösen”

Die Besucher zu motivieren, aktiv zu werden und ihre Fähigkeiten zu nutzen, liegt Bärbel Renner besonders am Herzen. Schon der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt habe gesagt: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“

„Wir leben in herausfordernden Zeiten“, erklärt Renner. Krieg, Klimakrise, die digitale Transformation, ökonomische Entwicklungen – das alles führe bei vielen Menschen zu Verunsicherung, Sorgen und Zukunftsängsten. „Da fragen wir uns natürlich: Was kann unser Part sein? Welche gesellschafts- und bildungspolitische Aufgabe hat die Experimenta?“ Die Antwort liefert sie gleich dazu: „Wir haben die große Aufgabe, Mut zu machen, Vertrauen in die eigene Kompetenz zu stärken und in Gestaltungsmöglichkeiten.“ Zudem sei es in Zeiten von Fake News „entscheidend, dass wir zu aktuellen Themen wie Klimawandel oder Mobilität wissenschaftliche Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit auf anschauliche Weise vermitteln“.

Das Science Center, so eines ihrer Ziele, solle noch mehr zum „Marktplatz für Austausch und vertrauensvolle Begegnungen“ werden.

Auf die „großen Fragen unserer Zeit“ gebe es keine einfachen Antworten. Gerade bei den Themen KI und Nachhaltigkeit komme es daher auf interdisziplinäre Zusammenarbeit und Austausch an. „Wir haben viele Kooperationen, neben den Hochschulen vor Ort unter anderem mit zahlreichen Institutionen wie dem Theater Heilbronn oder dem Württembergischen Kammerorchester“, erzählt Renner. Über einen künstlerischen Zugang etwa könne Wissen auch emotional vermittelt werden. Als Beispiel nennt sie eine Veranstaltung im Science Dome, bei der das WKO Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ spiele, während ein Astrophysiker den Sternenhimmel in der jeweiligen Jahreszeit erkläre.

Größere Strahlkraft erreichen

Austausch, Forschung und Wissensvermittlung: Um all das will sich Bärbel Renner weiter verstärkt kümmern, um die Experimenta attraktiver, auch für neue Zielgruppen, zu machen. Langfristig hat die Geschäftsführerin ein noch höheres Ziel: „Ich möchte, dass die Experimenta eine noch größere Strahlkraft erreicht und man Menschen, etwa in Berlin, nicht mehr erklären muss, wer wir sind.“ Auch internationale Vernetzung, zum Beispiel innerhalb der Forschungs-Community, sei ein wichtiges Mittel, um mehr Sichtbarkeit zu erlangen.

Sichtbar mit ihrer Einrichtung verbunden, um sie nach außen zu repräsentieren, ist Bärbel Renner auf jeden Fall schon einmal: „Ich habe Jacken in allen leuchtenden Farben, die im Experimenta-Logo und in unseren Gebäuden vertreten sind“, sagt sie schmunzelnd.

Zur Person

Prof. Dr. Bärbel Renner ist seit Juli Geschäftsführerin der Heilbronner Experimenta. Zuvor war sie die Leiterin des Bereichs Kommunikation und Verwaltung in dem Science Center. Insgesamt gibt es jetzt fünf Bereichsleiter, die über Strategieprozesse und Entscheidungen mit der Geschäftsführerin beraten. Die 61-Jährige Bärbel Renner hat Germanistik und Geschichte studiert, anschließend im Verlagsbereich und dann als Professorin gearbeitet.

Meinung:

Die Experimenta ermutigt zum Mitmachen, selbst in düsteren Krisenzeiten

Es ist gut, dass die Heilbronner Experimenta Austausch und Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken will, findet unsere Autorin. Es bringt nichts, sich angesichts der vielen globalen Krisen und Herausforderungen einzuigeln und Trübsal zu blasen.

In diesen krisenbeladenen Zeiten möchte man sich manchmal am liebsten einigeln und das Elend und die Probleme der Welt vergessen. Doch genau das Gegenteil wird gesellschaftlich gebraucht, um die Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Die neue Geschäftsführerin der Experimenta, Bärbel Renner, ist überzeugt, dass das Science Center besonders gute Voraussetzungen hat, um die Menschen herauszulocken und zum Diskutieren und Mitmachen zu animieren. Da hat sie recht. Die Einrichtung bietet einen Raum in der Stadt, wo man sich unkompliziert informieren, interaktiv ausprobieren und spielen kann. Denn wer Spaß an einem Thema hat, lernt auch lieber und nachhaltiger etwas darüber.

Nach den vielen Isolationsphasen, die mit der Corona-Pandemie einhergingen, ist es außerdem nötig, mal wieder herauszukommen, mit Menschen ins Gespräch zu treten und sich nicht resigniert den eigenen trübsinnigen Gedanken und Krisenberichten hinzugeben. Die Ambitionen der neuen Geschäftsführerin sind groß, aber auch ansteckend: scheinbar unlösbare Fragen auf eine andere Weise betrachten, Hilflosigkeit überwinden, zusammenarbeiten, Fake News bekämpfen, bisher unerschlossene Zielgruppen anziehen.

Dazu zählt, dass die Experimenta nicht nur Schüler aus Gymnasien, sondern verstärkt auch andere Schularten für das Angebot begeistern will. Ein sinnvolles Ziel, zumal die großen Herausforderungen alle betreffen und Krisen wie der Klimawandel leider besonders junge Menschen beschäftigen werden. Je mehr sie an einem Strang ziehen und auf demselben Wissensstand sind, desto größer die Hoffnung für die Menschheit auf rettende Maßnahmen und Ideen.

Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme