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Lieferanten über die Blockchain finanzieren und monitoren
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Die Lieferkettenfinanzierung erfolgt meist über klassische Zahlungsmethoden. Blockchain Anwendungen ermöglichen schnellere Zahlungsflüsse und können Vorlieferanten in das Supply Chain Financing (SCF) einbeziehen. Die Vorteile der Technologie diskutierten
sieben internationale Expertinnen und Experten auf dem 3. Supply Chain Finance HUB der Technischen Universität München (TUM) am Campus Heilbronn.
Die Lieferkettenfinanzierung stabilisiert die Zusammenarbeit von Handelspartnern. Mit mehr als 360 Anmeldungen aus 37 Ländern veranstaltete die TUM am Campus Heilbronn eine der gegenwärtig weltweit größten digitalen Veranstaltungen zum Thema Supply Chain Finance (SCF). Das Thema des nunmehr 3. Supply Chain Finance Hubs unter Leitung von Prof. Dr. David Wuttke, Professor für Supply Chain Management am Center for Digital Transformation lautete „Blockchain Supported Supply Chain Finance: Tapping into Uncharted Territory.“
Schnellere Zahlungsflüsse
Die Blockchain bietet die Möglichkeit Liefer- und Zahlungstransaktionen zwischen Handelspartnern verifiziert, sicher und in Echtzeit auszutauschen. Das, was in der traditionellen Lieferkettenfinanzierung mit unhandlichen Papierprozessen einhergeht, lässt sich in der Blockchain über selbstauslösende Verträge (Smart Contracts) verlässlich digitalisieren. Durch Blockchains wird der Informations-, Waren- und Geldfluss in Lieferbeziehungen transparent, genauso wie die Herkunft von Materialien. Werden Blockchains für die Lieferkettenfinanzierung genutzt, beschleunigt das den Cashflow – für alle Beteiligten. Damit hat die Blockchain das Zeug die Finanzierung von Lieferketten fundamental zu verändern.
Vorlieferanten incentivieren
Insbesondere die Finanzierung der Lieferanten tiefer in der Lieferkette wird durch Blockchain-Anwendungen möglich: Weist ein Vorlieferant gegenüber der finanzierenden Bank via Blockchain nach, ebenfalls zur Lieferkette eines OEM (Original Equipment Manufacturer, dt. Hersteller des Originalerzeugnisses) zu gehören, kann der Vorlieferant von dessen Bonität und Zinsvorteilen genauso wie der direkte Lieferpartner profitieren. „Die Blockchain erschließt den Informationsgehalt von Lieferketten bis in die tiefen Stufen. Dadurch und durch ihre Smart Contract Funktion wird sie zu einer hochinteressanten Option für das Supply Chain Financing“, erläutert Prof. Dr. David Wuttke.
Transparenz schafft Resilienz
Lieferpartner bequem, kostengünstig und schnell zu finanzieren, ist ein Anspruch von Blockchain SCF-Anwendungen. In Zeiten, in denen die Liquidität für Unternehmen immer wichtiger wird, sind schnelle Zahlungsflüsse ein Wettbewerbsfaktor – auch gegenüber verlässlichen Lieferpartnern. Für Lieferbeziehungen zwischen Industrie- und Schwellenländern wird die sogenannte Deep-Tier-Finanzierung über Blockchains interessant: „Ermöglichen Unternehmen auch Vorlieferanten günstige Finanzierungskosten, senkt das die Kosten der gesamten Lieferkette“, erklärt Rebecca Liao, Mitgründerin und vormalige COO des US-amerikanischen Anbieters Skuchain, eines der weltweit ersten Unternehmen, das konsequent auf Blockchain-Technologie setzt, um eine lieferkettenweite Finanzierung anzubieten. Gleichzeitig erhöht Supply Chain Financing via Blockchain die Transparenz, was Lieferbeziehungen resilienter macht: „Über die Blockchain erhalte ich als Käufer Informationen über meine Lieferkette, die ich ohne die Technologie nicht erhalte“, erklärt Rebecca Liao.
Siemens: Offen für die neue Technologie
Konzerne wie Siemens bezahlen seit Jahrzehnten ihre Lieferanten vorzeitig ohne ihre eigenen Zahlungsziele zu verkürzen. Die Zwischenfinanzierung übernehmen Supply Chain Finance Anbieter. Douglas J. Schoch, Vice President Siemens Financial Services, plädiert beim interaktiven Expertenpanel für die Möglichkeiten der neuen Technologie. Die Blockchain habe das Potenzial nicht nur die Zahlungsprozesse und die unterstützte Lieferkette zu beeinflussen, sondern die Supply Chain in ihrer Natur grundlegend zu verändern: „Über die Blockchain lassen sich sehr effektiv digitale Vermögenswerte entlang der Lieferkette übertragen, wobei die Kreditwürdigkeit und das Risiko vom OEM definiert werden“, erläutert er den Vorteil für einkaufende Unternehmen.
Schnell, günstig, verlässlich
Für eine Kombination aus traditionellen und Blockchain basierten Supply Chain Finance Angeboten spricht sich Melanie Neumann, Head of Central Sales Trade Finance bei der Bank UniCredit, aus. „Wir versuchen unseren Kunden die modernen Alternativen nahezubringen“, erklärt sie. Der Benefit von Blockchainlösungen liege in der Standardisierung der Zahlungskonditionen, den geringen Kosten und der Schnelligkeit: „Von der Anweisung bis zur Zahlung vergeht viel weniger Zeit als bei traditionellen Zahlungsformen“, betont sie.
Der Vorteil liegt in der Echtzeitanwendung: „Blockchainlösungen minimieren das Risiko von Zahlungsausfällen und wirken sehr positiv auf die Liquidität“, ergänzt Mark Cudden, CTO von we.trade, einem Blockchain-Joint-Venture europäischer Banken. Cudden sieht digitale Blockchain-Handelsplattformen deshalb als Wachstumsmotor auch für kleine und mittlere Unternehmen.
Das Vertrauen in die Korrektheit der Transaktion erzeugt der fälschungssichere Blockchain Code. Trotzdem scheint die moderne Single Source of Truth das Vertrauen der Anwender noch nicht gänzlich zu haben: „Es gibt im Management noch eine große Skepsis gegenüber der Technologie“, erklärt Dr. Claudia Milbradt, Partner bei Clifford Chance. Zudem seinen die rechtlichen Rahmenbedingungen wie die Intellectual Property (IP) der Daten, der Eigentumsübergang sowie der Auslöser für die Zahlung in der Blockchain rechtssicher abzulegen.
Anwendung muss passen
Sowieso ist die Blockchain nicht die Lösung aller Probleme, sondern ein Werkzeug, das zum Anwendungsfall passen muss: „Definieren Sie zuerst Ihr Problem und überlegen Sie dann, ob Blockchain die Lösung dafür ist“, empfiehlt Mathias Hummel, Senior Consultant bei Horn & Company. Dass nicht alle Lieferanten von einem Finanzierungsangebot profitieren, zeigen aktuelle Forschungsergebnisse. „SCF passt nicht für alle Unterlieferanten und jede Stufe der Lieferkette als Incentive, man muss sich die Rahmenbedingungen genau anschauen“, mahnt die Supply Chain Forscherin Yoko Shibuya von der amerikanischen Stanford University.
Monitoring und Finanzierung
Zu einem wirkungsvollen Instrument des Supply Chain Managements wird die Blockchain durch die Option Lieferrisiken und Nachhaltigkeitsdaten verfolgen zu können. Für das Supply Chain Financing sieht Prof. Dr. David Wuttke dies eindeutig als Chance: „Unternehmen können Blockchains zunächst als Zahlungsplattformen aufsetzen und diese dann ebenso für ihr Lieferkettenmonitoring nutzen oder sie haben bereits eine Blockchain für die Waren- und Informationsflüsse und nutzen diese dann auch zur Lieferkettenfinanzierung.“ Wuttke sieht das Potenzial der Blockchain im SCF sowohl für inkrementelle Verbesserungen (schnellere, kostengünstige Finanzierung von Lieferpartnern) als auch für umfassende Business Cases innerhalb eines modernen Supply Chain Managements (Deep-Tier-Management und -Finanzierung).
Weitere Informationen unter www.wi.tum.de/hub.

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