Der Innovationspark für künstliche Intelligenz, ein 100-Millionen-Euro-Projekt, wird im Gewerbegebiet Steinäcker in Neckargartach umgesetzt. Die Stadt erwartet internationale Sichtbarkeit, die Schwarz-Gruppe sichert die Finanzierung.
Von Annika Heffter und Christian Gleichauf, Foto: Matthias Bitsch (alle Heilbronner Stimme)
Er ist ein riesiges, 100 Millionen Euro schweres Projekt – der baden-württembergische Innovationspark für künstliche Intelligenz (KI). Seit Dienstag steht fest, dass er in Heilbronn gebaut wird. Das hat die Landesregierung nach der Empfehlung einer hochkarätig besetzten Experten-Jury beschlossen.
50 Millionen Euro kommen vom Land, die anderen 50 Millionen werden von dem Heilbronner Bewerberkonsortium bereitgestellt, allen voran von der Schwarz-Unternehmensgruppe. Zu dem Konsortium zählen außer der Stadt und der Dieter-Schwarz-Stiftung auch die Stadtsiedlung, Hochschulen, Verbände und zahlreiche Unternehmen.
Als nächstes wird das Konzept von den Heilbronner Bewerbern zusammen mit dem Wirtschaftsministerium zu einem ausführlichen Antrag auf Projektförderung ausgearbeitet und konkretisiert. »Schon am Freitag werden wir die weiteren Schritte besprechen«, sagt Oberbürgermeister Harry Mergel.
Ökosystem aus Industrie, Start-ups und Forschung soll sich ansiedeln
»Im zukünftigen KI-Innovationspark Heilbronn wird die Basis für das Leben und Arbeiten von morgen entwickelt«, freut sich der Heilbronner OB. Ziel sei es, im Gewerbegebiet Steinäcker in Heilbronn-Neckargartach ein Ökosystem zu schaffen, das unter anderem aus nationalen und internationalen Unternehmen, Start-ups und Forschungslaboren besteht. Ein großer Vorteil, erklärt der Geschäftsführer der Dieter-Schwarz-Stiftung Reinhold Geilsdörfer, sei, dass Heilbronn eine Mischung aus vielseitigen Hochschulen und starker Industrie zu bieten habe. Die Stadt erwartet, dass von dem KI-Park nationale sowie internationale Strahlkraft ausgehen wird.
Die Co-Finanzierung des Parks soll idealerweise über viele verschiedene Unternehmen laufen, obwohl die Schwarz-Gruppe zur Not auch die gesamte Summe zur Verfügung stellen könne. Allerdings, berichtet Geilsdörfer, gebe es schon Absichtserklärungen von rund 70 Unternehmen, die sich einbringen möchten, darunter SAP, Bechtle, Audi und Würth, »aber auch viele mittelständische Unternehmen«.
Bechtle freut sich auf neue Impulse
Das große IT-Unternehmen in der Region, die Bechtle AG, sieht mit dem Innovationspark die Chance, »gemeinschaftliche Vorhaben in die Tat umzusetzen«, wie Vorstandschef Thomas Olemotz unserer Zeitung gegenüber formuliert. »Als führendes IT-Systemhaus Deutschlands mit Hauptsitz in Neckarsulm haben wir großes Interesse an einem Innovationspark KI in Heilbronn.« Seit der Gründung von Bechtle vor 38 Jahren sei das Unternehmen tief in der Region Heilbronn-Franken verwurzelt und schätzen die wirtschaftliche Stärke und den »unternehmerischen Spirit«, so Olemotz. »Aus dem Innovationspark KI Heilbronn könnten sich nicht zuletzt auch weitere interessante Impulse für unsere Region und für uns als Unternehmen ergeben.«
SAP plant ebenfalls, sich gemeinsam mit der TUM einzubringen
Bechtle hatte die Bewerbung bereits mit einem sogenannten Letter of Intent unterstützt, ebenso wie beispielsweise das Walldorfer Softwareunternehmen SAP. »Die Region Heilbronn-Franken ist eine der wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands mit einer Vielzahl hochinnovativer Unternehmen, die oftmals Weltmarktführer in ihrer Branche sind«, hatte der Vorstandsvorsitzende Christian Klein damals geschrieben. Gleichzeitig habe die Region in den vergangenen Jahren massiv in Bildung und Forschung investiert, am Bildungscampus in Heilbronn entstehe ein hochattraktives wissenschaftliches Ökosystem, das darauf abzielt, exzellente Grundlagenforschung mit hoher Anwendungsorientierung zu verbinden.
»Ein Innovationspark KI Heilbronn mit Fokus auf Entwicklung, Pilotierung und Vermarktung von KI-gestützten Produkten und Dienstleistungen wäre eine ideale Ergänzung, um unternehmerische Innovationskraft und wissenschaftliche Exzellenz an einem attraktiven räumlichen Areal zusammenzuführen«, so Klein. SAP plant, sich in den Bereichen Bildung und Talentförderung aktiv in den Innovationspark einzubringen. Die Konzepte dazu würden in enger Partnerschaft mit der Technischen Universität München (TUM) entwickelt werden.
KI-Salon für die Öffentlichkeit will Kunst und KI miteinander verbinden
Noch in diesem Jahr sollen im Zukunftspark Wohlgelegen die ersten Büroflächen entstehen, ab 2024 die Kerninfrastruktur im Gewerbegebiet Steinäcker aufgebaut werden. 2026 sollen die Gebäude im KI-Innovationspark dann bezugsfertig sein. Neben der Industrie soll dort auch ein »KI-Salon« Platz »Die Idee hinter dem KI-Salon ist, einen Ort zu schaffen, wo Kunst und künstliche Intelligenz zusammenkommen. Es wird ein öffentlicher Raum, um KI erlebbar zu machen«, erzählt Sophie Heinz von der Programmierschule 42 Heilbronn, die das Konzept zusammen mit den anderen Bildungseinrichtungen und der Experimenta umsetzen will. »KI ist für viele sehr abstrakt«, sagt auch Harry Mergel. Das solle sich unter anderem mit dem KI-Salon ändern.
Chance auf Wissenstransfer zwischen Entwicklung und Anwendung
Für Absolventen der Heilbronner Bildungseinrichtungen, erklärt Raoul Daniel Zöllner von der Hochschule Heilbronn, sei in dem neuen Areal idealerweise »alles da«, was man brauche, um den weiteren Karriereweg in Heilbronn zu beschreiten: Infrastruktur, Netzwerke, Räumlichkeiten, Ausstattung und Know-How.
Die baden-württembergische Regionalgruppe des KI-Bundesverbandes sieht mit der Entscheidung die Chance, »Wissenstransfer zwischen Entwicklung und Anwendung zu meistern«. Auch die IHK Heilbronn-Franken, die bereits die Bewerbung unterstützt hat, freut sich über die Nachricht aus Stuttgart. »Wir sehen den KI-Innovationspark mit Fokus auf Pilotierung, Entwicklung und Vermarktung von KI-basierten Produkten und Dienstleistungen als eine ideale Ergänzung, um unternehmerische Innovationskraft und wissenschaftliche Exzellenz an einem attraktiven räumlichen Areal zusammenzuführen«, sagt Christof Geiger, der stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK. Der Standort in den Böllinger Höfen in Heilbronn sei bestens geeignet, um die Marke »KI made in Baden-Württemberg« mit Leben zu erfüllen und Forschung und Entwicklung in marktfähige Lösungen zu überführen.
Reaktionen aus der Politik
Zahlreiche Reaktionen auf die Entscheidung der Landesregierung kamen auch aus der Politik. Susanne Bay (Grüne), Georg Heitlinger und Nico Weinmann (beide FDP) und Klaus Ranger (SPD) freuen sich über den Zuschlag. Ranger fordert gleichzeitig, dass mit dem KI-Park auch Wohnraum und eine gute ÖPNV-Infrastruktur entstehen müsse.
Als eine Idee nennt er eine neue Stadtbahnlinie, die das Gewerbegebiet Steinäcker anbinden soll. Der stellvertretende Ministerpräsident und Digitalisierungsminister Thomas Strobl (CDU) erklärt: »Ich freue mich granatenmäßig für meine Heimatstadt. Nach der Bundesgartenschau 2019 ist das der nächste Paukenschlag: Heilbronn wird zum internationalen KI-Leuchtturm.«