Die Testphase für die selbstfahrenden Kleinbusse soll im Dezember, spätestens im Januar beginnen. Die Fahrstrecke verläuft von der Experimenta zum Bahnhof. Diese erste Phase soll nur der Anfang sein.
Von Joachim Friedl, Foto: Andreas Veigel (beide Heilbronner Stimme)
Vom Hauptbahnhof zur Experimenta und zurück, bitte. So könnte der Fahrtenwunsch lauten, wenn Anfang Juni 2022 die Jahrestagung des europäischen Verbands der Science Center und Wissenschaftsmuseen (Ecsite) in Heilbronn stattfindet und dazu passend der autonome Shuttleverkehr auf der Straße offiziell seinen Betrieb mit Fahrgästen aufnimmt.
Über den Stand des Forschungsprojekts wurde jetzt intern informiert. Voraussichtlich am 13. November, 11 Uhr, soll der selbstfahrende Minibus bei einer Bürgerinformation auf dem Bildungscampus der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das Projekt ist losgelöst von den autonomen Testversuchen in Bad Wimpfen (Lidl) zu sehen.
In der ersten Phase sind die Fahrten umsonst
Fahren werden die beiden Elektro-Minibusse zunächst von der Experimenta durch die Kranenstraße, die Bahnhofstraße zum Hauptbahnhof und weiter zum Busterminal. Zurück geht es die gleiche Strecke. In der ersten Phase sind vier Fahrtenpaare geplant. »Das ist nur der Anfang. Wir haben viel vor«, freut sich Professor Raoul Zöllner, Prorektor für Forschung, Transfer, Innovation an der Hochschule Heilbronn, die autonom fahrenden Shuttle auf die Straße zu bringen.
Vorerst werden die Fahrten kostenfrei sein. In weiteren Ausbaustufen ist vorgesehen, die Fahrstrecke zum Bildungscampus (2023) und in die Heilbronner Innenstadt (2024) zu erweitern.
In den zurückliegenden Monaten waren vor allem in den Hochzeiten etwa ein Dutzend Wissenschaftler und Studierende an dem Projekt beteiligt. Es galt, die Fahrtechnik komplett neu zu entwickeln. Mit Erfolg. Der Tüv hat sämtliche Anbauten wie beispielsweise die Sensoren abgenommen.

In der zweiten Novemberwoche soll der Tüv dann die ersten Fahrten auf dem Campusgelände begutachten. Dabei werden alle Fahrfunktionen, die von drei Computern im Bus gesteuert werden, dargestellt. »Im Dezember, spätestens im kommenden Januar, soll es dann für Tests auf die Strecke von der Experimenta zum Hauptbahnhof gehen«, fiebert Zöllner dem großen Tag entgegen.
Entwickler sehen keine Gefahren
Mit maximal Tempo 20 werden die beiden Minibusse mit sechs Sitzplätzen völlig emissionsfrei dann unterwegs sein. Eine Gefahr für Pkw, Fußgänger und Fahrradfahrer sieht Zöllner nicht: »Die Busse werden vollkommen stressfrei auf Tour sein und sich die vorhandene Fläche klug aufteilen.« Die Ampeln entlang der Strecke werden auf Funk erweitert, damit die Rechner im Shuttle die Schaltung erkennen können.
Getragen wird das im Frühjahr 2021 begonnene Projekt von der Schwarz Mobility Solutions. Forschungspartner sind die Hochschule Heilbronn, die Schwarz Campus Service GmbH und das FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe. »Im Rahmen des Ausbaus und der Förderung digitaler Innovationsprojekte ist das Thema der autonomen Fahrzeuge ein hochaktuelles und wichtiges Forschungsfeld«, betont Zöllner die Bedeutung dieses Mobilitätsvorhabens.
Autonomes Fahren ist die Zukunft
Für den Professor für Informatik und Fahrerassistenzsysteme ist das autonome Fahren die Zukunft auf den Straßen. Schon heute sei es zum Beispiel problemlos möglich, den Lkw-Verkehr auf Autobahnen autonom fahren zu lassen. Die beiden Herausforderungen seien nur die sogenannte letzte Meile von der Autobahn zum Zielort und die Anpassung der Logistikprozesse.
Als »wichtigen Beitrag« zur Mobilität bezeichnete Oberbürgermeister Harry Mergel das Forschungsprojekt. Es würde zwar nicht alle Verkehrsprobleme in der Stadt lösen, bedeute aber einen »deutlichen Mehrwert für Heilbronn«.

Meinung zum autonomen Fahren: Herausforderung
Das autonome Fahren wird ein neues Zeitalter eröffnen, in dem die Mobilität auf ihren ureigenen Sinn reduziert wird: mit einem Fahrzeug von A nach B zu kommen. Damit das Heilbronner Forschungsprojekt zu einem Erfolg wird, dürfen die selbstfahrenden Busse nicht zu einem Hindernis werden, meint unser Autor.
Das autonome Fahren wird ein neues Zeitalter eröffnen, in dem die Mobilität auf ihren ureigenen Sinn reduziert wird: mit einem Fahrzeug von A nach B zu kommen. So gesehen kommt dem Forschungsprojekt mit dem Arbeitstitel »Autonom fahrender Shuttle« eine besondere Bedeutung zu: Heilbronn ist bei dieser spannenden Zukunftsvision dabei. Dank des Einsatzes der Schwarz Mobility Solutions als Betreiber und den klugen Köpfen des Bildungscampus und des Forschungszentrums Informatik Karlsruhe.
Die größte Herausforderung bei dem Projekt besteht jetzt darin, ein sicheres und zuverlässiges automatisiertes Fahrsystem schon 2022 auf die Heilbronner Straßen zu bringen. Die Shuttle dürfen auf ihrer Premierenstrecke von der Experimenta zum Bahnhof nicht zu einem Verkehrshindernis für Autofahrer und nicht zu einem Gefährdungspotenzial für Passanten und Radler werden. Nur dann ist der Erfolg garantiert.
Beeindruckend ist, mit welchem Tempo das Projekt vorangetrieben wird. 2023 sollen die Kleinbusse bereits über den Neckarbogen zum Bildungscampus und 2024 in die ersten Innenstadt-Quartiere fahren. Für Heilbronn käme dies einer kleinen Verkehrsrevolution gleich.
Die autonom fahrenden Minibusse, bei denen in einer ersten Phase die Fahrten für Fahrgäste kostenfrei sind, dürfen aber nicht zu einer Konkurrenz zum städtischen ÖPNV werden. Langfristiges Ziel muss es sein, die selbstfahrenden Kleinbusse in das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs zu integrieren.