Der imposante Neubau mit der Glasfassade auf dem Bildungscampus beherbergt die campusweite Bibliothek LIV. Dort kann man nicht nur Bücher ausleihen. Leiterin Kathrin Flohr berichtet von den Angeboten und Zukunftsprojekten der Bibliothek.
Von Annika Heffter, Foto: Ralf Seidel
Bibliotheken haben in den Köpfen vieler Menschen ein recht angestaubtes Image. Das wollen die Mitarbeiter der Bibliothek LIV – Lernen, Informieren, Vernetzen – ändern: mit multimedialen Angeboten, ein bisschen Künstlicher Intelligenz, Rund-um-die-Uhr-Ausleihsystemen oder Schulungen und Weiterbildungen für Studierende.
Kathrin Flohr, eine der beiden Bibliotheksleiterinnen, gibt einen Einblick in Besonderheiten und Zukunftspläne der Bibliothek auf dem Heilbronner Bildungscampus.
Von unten nach oben wird es immer leiser
“Wir konnten hier alles von Anfang an mit aufbauen und mitgestalten”, freut sich Flohr. Etwa beim Grundkonzept der Bibliothek: von unten nach oben bewegt man sich in dem Gebäude von “laut nach leise”. Im ersten Obergeschoss, der “Lernwelt”, stehen daher noch gar keine Bücher. Eine Dünen-Landschaft erhebt sich mittig, sie ist umgeben von Arbeitsplätzen in buntem orange und rot. “Insgesamt gibt es rund 600 Arbeitsplätze”, sagt Flohr.
“Der Grundgedanke ist, dass in dem Gebäude alle Lern- und Arbeitsphasen abgebildet werden.” Ganz oben, im fünften Stock, ist dann komplette Ruhe angesagt. Hier befinden sich auch Stillarbeitsplätze hinter einer Glasscheibe.
Greenscreen und Teleprompter im Medienlabor
Neben den klassischen Bücherschränken verfügt die Bibliothek über Gruppen-Arbeitsräume mit Bildschirmen, “in denen man zum Beispiel Präsentationen üben kann”. Außerdem gibt es ganz oben ein Medienlabor – unter anderem mit Green-screen, Ausstattung zum Podcast-Aufnehmen und Teleprompter. “Der ist sehr beliebt”, sagt Flohr, zum Beispiel, wenn Professoren ihre Vorlesungen für die Online-Lehre aufnehmen würden.
Bald sollen freie Arbeitsplätze in Echtzeit erfasst werden können, ähnlich wie bei Parkleitsystemen – bei grün ist noch etwas frei, bei rot sind alle Plätze belegt. Zusätzlich soll man sie online reservieren können. Dafür arbeitet die Bibliothek mit dem Fraunhofer-Institut auf dem Campus zusammen. Einen Prototyp für die Sensorik an den Plätzen gibt es schon.
Des Weiteren soll sich, ebenfalls in einem Kooperationsprojekt mit dem Fraunhofer-Institut, die Navigation innerhalb des Gebäudes weiter verbessern, auch unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Elementen der Augmented Reality (deutsch: Erweiterte Realität) in der Bildungscampus-App.
Regale sollen selbst lesen lernen
Zudem testet die LIV-Bibliothek in einem Forschungsprojekt das Konzept einer “fluiden Bibliothek”. Alle Bücher seien schon mit einer sogenannten RF-ID ausgestattet, über die sie gescannt und ausgeliehen werden können.
Nun sollen auch die Regale selbst diese IDs lesen lernen. Die Idee: Bücher könnten dann in allen Regalen, egal wo, abgestellt werden und man würde sie trotzdem wiederfinden, auch online, weil das Regal den Standort meldet. Weitere Vorhaben umfassen eine “Entspannungslounge” und einen Raum, “in dem man Online-Bewerbungsgespräche führen kann”, sagt Flohr. Diese Idee sei von Studierenden gekommen.
Medienausgaberaum war auch in den Lockdown-Phasen verfügbar
Seit Oktober 2019 steht der Neubau auf dem Heilbronner Bildungscampus Studierenden und externen Interessierten offen. Träger sind die Hochschule Heilbronn und die DHBW Heilbronn. Die TUM Heilbronn ist Kooperationspartner. Standorte hat die Bibliothek auch auf den HHN-Campusgeländen in Sontheim, Künzelsau und Schwäbisch Hall. Nutzer können Medien auch bestellen und ausleihen.
Die Medienausgabe in der Bibliothek auf dem Bildungscampus steht täglich 24 Stunden offen. Sie funktioniert “so ähnlich wie eine Paketstation”, sagt Kathrin Flohr. Gerade in der Corona- und Lockdown-Zeit, als die Bibliothek zwischenzeitlich schließen musste, sei der separate Medienausgaberaum sehr hilfreich gewesen.
Auch Schulungen, etwa zu guter Recherche und Arbeit mit Literatur, gibt es in der Bibliothek. Mit dem Semesterstart werden zudem Bibliothekseinführungen für Studierende angeboten.
Auch eine Ausbildung ist möglich
Die LIV-Bibliothek bildet außerdem Fachangestellte für Medien und Informationsdienste aus, so wie Dorian Dickmanns. Seine Aufgabenbereiche in der Ausbildung, wie zurückgegebene Bücher einzusortieren oder den Bestand nach veralteten Ausgaben zu durchforsten, findet er spannend. “Ich lese gerne, so bin ich auf diese Ausbildung gekommen.”
Laura Schmid, die unter anderem für die Auszubildenden zuständig ist, ergänzt: “Der Beruf ist noch klischeebehaftet. Es ist schön, dass wir in der LIV das Gegenteil beweisen.”
Eines ist am Ende auf jeden Fall klar: Angestaubt ist hier nichts.
Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme

