Oberbürgermeister Harry Mergel erzählt im Interview, welche Herausforderungen und Pläne es für die Heilbronner Innenstadt gibt und was er aus dem Stadtentwicklungskongress Frequencity mitnimmt.
Interview: Annika Heffter; Foto: Nico Kurth
Beim Kongress Frequencity haben Akteure aus verschiedenen Branchen über die Entwicklung der Heilbronner Innenstadt diskutiert. Oberbürgermeister Harry Mergel (66) berichtet im Interview über die nächsten Schritte für die Stadt und die Kongressteilnehmer. Außerdem erklärt er, warum Immobilieneigentümer in der Innenstadt mehr Bürgerstolz brauchen und wie die Stadt die Zahl der Autos im öffentlichen Raum verringern will.
Herr Mergel, nach dem Kongress kam bei vielen Teilnehmern die Frage auf: Was passiert jetzt?
Harry Mergel: Die Ergebnisse aus den Vorträgen und Workshops werden derzeit intern ausgewertet. Dann wird der Masterplan Innenstadt darauf aufbauend aktualisiert. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Kongress für mich war, dass wir schon vieles richtig machen. Das haben auch die Redner, die von außen aus Hamburg oder Wien kamen, bestätigt. Wir haben die richtigen Themen identifiziert und einen guten Gesprächsfluss mit verschiedenen Akteuren aus Handel, Gastronomie, Polizei und den städtischen Institutionen.
Wenn alles so gut läuft, wozu dann ein Stadtentwicklungskongress?
Mergel: Manche meinen ja, ich würde beschönigen. Worum es mir aber geht, ist: Unsere Stärken auszubauen und selbstbewusst zu sein, ohne dass wir Schwächen ausblenden. Eine attraktive, lebendige Innenstadt ist ein komplexes Gebilde und wir müssen an vielen Stellen zupacken. Innenstädte, übrigens in ganz Deutschland, stehen vor großen Herausforderungen, zum Beispiel in Bezug auf soziale Problemlagen, wachsenden Online-Handel oder das subjektive Sicherheitsgefühl.
In Heilbronn leben Menschen aus über 150 Nationen. Beeinflusst diese Vielfalt das subjektive Sicherheitsgefühl? Und wie kann sich die Stadt für alle zufriedenstellend weiterentwickeln?
Mergel: Ich meine, dass Heilbronn mit seiner Bevölkerungsvielfalt gut zurechtkommt. Es gibt zum Beispiel keine größeren Auseinandersetzungen zwischen Bevölkerungsgruppen. Manche Bürger würden am liebsten bestimmte Gruppen von der Innenstadt fernhalten, hier muss es eine Bewusstseinsänderung geben. Obwohl wir der sicherste Stadtkreis in Baden-Württemberg sind, ist die gefühlte Sicherheit bei manchen Menschen eine andere. Das subjektive Empfinden mit der tatsächlichen Situation zusammenzubringen und eine Innenstadt zu schaffen, in der sich alle gleichermaßen wohlfühlen, ist eine unserer großen Zukunftsaufgaben.
Vor welchen Herausforderungen steht die Heilbronner Innenstadt noch?
Mergel: Ich wünschte, dass einige Immobilienbesitzer in der Innenstadt mehr Bürgerstolz entwickeln und in ihre Immobilien investieren. Reine Gewinnmaximierung hilft auf Dauer nicht weiter, auch nicht bei der Auswahl der Mieter. Die Gebäude mit ihren Läden oder Restaurants sind das Gesicht der Innenstadt.
Womit wir beim Stichwort Wollhaus wären: Dort mischen viele Eigentümer mit, es gibt zahlreiche Leerstände, das Gebäude ist von innen und außen recht unattraktiv.
Mergel: Wir sind so nah an einer Lösung dran wie noch nie. Das Wollhaus könnte bald in einer Hand sein. Verschiedenste Möglichkeiten werden gerade diskutiert, nicht in Frage kommt allerdings lediglich eine Pinselsanierung. Es braucht einen Mehrwert und es werden auch schon überzeugende Konzepte entwickelt.
Warum gab es auf dem Kongress zur Stadtentwicklung keinen Vortrag oder Workshop zum Thema Klimaresilienz von Städten?
Mergel: Ausgelassen wurde dieses Thema nicht. Viel diskutiert wurde zum Beispiel über die Mobilitätswende, das ist für Heilbronn ein wichtiger Punkt: Wir möchten den Verkehr in der Innenstadt reduzieren. Es stehen genügend Parkhäuser bereit, sie müssen halt auch genutzt werden und die Autofahrer nicht x Runden durch die Straßen ums Rathaus drehen, um einen Parkplatz mitten drin zu finden. Aber dieses Verhalten zu ändern braucht Zeit, Menschen stellen sich nicht leicht um.
Das heißt, die Autos wären noch da, aber man würde sie weniger sehen?
Mergel: Es würde dadurch weniger Autos in der Innenstadt geben. So können Plätze im Herzen der Stadt umgestaltet und aufgewertet werden – natürlich im Dialog mit den Händlern und Gastronomen, um ihnen die Kundenströme nicht abzuschneiden. Es gibt schon sehr viel Grün in Heilbronn, und wir entwickeln im Rahmen des Klimaschutzteilkonzepts weitere konkrete Maßnahmen. Wir können noch mehr tun, um auch den Neckar als Innenstadt-Erlebnis zu inszenieren.
Was meinen Sie damit?
Mergel: Wir haben die Chance, die Stadt endgültig an den Neckar heranzuführen. Schon jetzt hat man von jedem Punkt in der Innenstadt aus nur fünf Minuten Fußweg zum Fluss, was wirklich prima ist. Aber es geht noch mehr. Deshalb wollen wir jetzt auch zwischen der Götzenturmbrücke und der Friedrich-Ebert-Brücke eine attraktive Lösung bieten. Die Idee sind Neckarterrassen, die den Fluss zugänglich machen. Die konkrete Gestaltung wird noch ausgearbeitet, aber dass wir dort aktiv werden, ist für mich klar. Wenn wir diesen Abschnitt an den Neckar führen, dann haben wir die Buga zu Ende gedacht.