Die Neckarsulmer Bäckerei Härdtner beteiligt sich am Emmer-Projekt. Das Steinbeis-Institut stellt dafür eine Datenplattform zur Verfügung. Auf die können alle am Projekt Beteiligten zugreifen: Vom Bauer über die Raiffeisen-Erfasssung über die Mühle bis hin zu den Backshops von Härdtner und Peters Backstube. Welche Vorteile der kooperative Datenraum bringt.
Von Jörg Kühl, Foto: Mario Berger
Das Emmer-Dinkel-Laible liegt gut in der Hand. Simone Heilig lächelt. Wenige Dutzend Exemplare erst hat die Härdtner-Verkäuferin an die Kunden veräußert, denn das Produkt ist neu. Hinter dem Laible verbirgt sich ein zukunftsweisendes Projekt, das wissenschaftlich begleitet wird. Vom Acker zum Getreidehandel über die Mühle bis zum Backladen: All diese sehr unterschiedlichen Prozesse eint: Die daraus gewonnenen Daten sollen allen am Projekt Beteiligten transparent zur Verfügung stehen. “Beim Emmer-Projekt treffen Nachhaltigkeit, Lieferkettentransparenz und modernste Datentechnik direkt aufeinander”, kommentiert Dr. Daniel Werth vom Ferdinand-Steinbeis-Institut (FSTI).
Die Forschungseinrichtung untersucht, wie sich ein “kooperativer Datenraum” für die Wertschöpfungskette vom Acker bis zum fertigen Brot nutzen lässt. Weil sich zum Training zunächst kleine Datenmengen besser handhaben lasen, haben sich die Teilnehmer für Emmer entschieden. Das ist ein Urgetreide, das von der überschaubaren Zahl von 14 Vertragsanbauern im badischen Raum extra für das Projekt hergestellt wird. Mit im Boot ist neben den Bauern, dem Steinbeis-Institut und Härdtner die ZG Raiffeisen und Peters gute Backstube in Bühl.
Welche Daten für den Backprozess relevant sind
Bereits bei der Aussaat und während des Kornwachstums werden Daten gesammelt und im kooperativen Datenraum, einer Cloud, gespeichert. Dazu zählen Wetterdaten, die im Rahmen eines Monitorings bei zwei Landwirtschaftsbetrieben erfasst werden, erläutert JochenSchneider. Er ist Projektansprechpartner bei Raiffeisen und dort für digitale Aktivitäten zuständig.
Daten über Zustand und Backeigenschaften des Korns werden auch kurz nach der Ernte gesammelt. Restfeuchte und Klebeeigenschaten, um nur zwei Parameter zu nenne, werden bereits in den Annahemstellen von Raiffeisen gesammelt. Die Daten sind für die Planung des Backprozesses relevant. Außerdem ermöglichen die Daten Rückschlüsse und Hinweise auf die benötigte Feinrezeptur, Knetzeiten, Teigruhezeiten und vieles mehr, erläutert Bäckermeister Lars Härdtner.
Welchen Vorteil die Daten bei Fehlern im Prozess bieten
Der kooperative Datenraum ermöglicht auch, die Prozesskette zurückzuverfolgen, falls es Probleme gibt. Dies ist Christopher Schmid wichtig, dem Qualitätsbeauftragten bei Härdtner. Falls eine Belastung, etwa mit Mutterkorn oder Fusarien aufträte, könnte mit Hilfe der Daten, die für alle Beteiligten zugänglich sind, sogar zurückverfolgt werden, von welchem Acker die Körner stammen.
160 Emmer-Dinkel-Laible backt Härdtner zu Beginn des Projekts täglich. Das Mehl bezieht der Betrieb von der Bischoff-Mühle, Projektpartnerin in Billigheim (Pfalz). Anders als bei Weizen, Gerste und Roggen muss der Emmer vor dem Mahlen entspelzt werden. Dies geschieht bei Raiffeisen in Wertheim und Boxheim. Der Spelz wird anschließend zu Pellets verarbeitet.
Welchen Nutzen der Endverbraucher hat
Das Emmer-Projekt ist so ausgerichtet, dass auch der Endverbraucher einen Nutzen hat. Mit Hilfe eines QR-Codes, der auf der Brotbanderole abgedruckt st, kann der Kunde die Wertschöpfungskette dahinter erfahren: von der Aussaat des zertifizierten Emmer-Getreides im Frühjahr bei den 14 regionalen Landwirten über den Mahlprozess bis zur Produktion in den Backstuben. “Die lückenlose Darstellung der Wertschöpfungskette, die in unserem Fall auch noch komplett in der Region verortet ist, greift das zunehmende Bedürfnis der Verbraucher nach Transparenz auf”, ist Raiffeisen-Projektpartner Schneider überzeugt.
Für das FSTI hat das Emmer-Projekt Sigalwirkung, denn: “Es zeigt, welche Bedeutung und welche Möglichkeiten der Großhandel und weitere Unternehmen aus Landwirtschaft, Handwerk und Mittelstand in der digitalen Transformation haben”, betont Daniel Werth.
Die Projektpartner sind schon dabei, das Modell des kooperativen Datenraums auszuweiten. “Wir sind im Gespräch mit der Rothaus-Brauerei, um die Wertschöpfungskette von der Braugerste bis zum Bier digital zu erfassen”, verrät Werth.
Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme

