Filtern oder nicht filtern? Was eine Studie der HHN zu Raumluftreinigern ergeben hat

Forscher der Hochschule Heilbronn haben in einem Experiment einen Raumluftreiniger in einem Hörsaal voller Pappkarton-Dummies getestet. Sie haben herausgefunden, dass es wichtig ist, wo das Gerät steht und wie es eingestellt ist.

Von Annika Hefter, Foto Ralf Seidel (beide Heilbronner Stimme)

Plötzlich wird, vor allem in der Politik, viel über den Sinn mobiler Raumluftreiniger diskutiert. Sollten Klassenzimmer damit ausgestattet werden, um das Infektionsrisiko zu senken, oder reicht lüften aus? Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich schon einiges über die Wirksamkeit der Geräte sagen. Auch ein Forscherteam der Hochschule Heilbronn (HHN) beschäftigt sich intensiv mit dem Thema. Die Ergebnisse eines Experiments im Hörsaal zeigen, wie schnell und wie gut sich die Konzentration von Aerosolen wie Viren oder Pollen durch Luftreiniger reduziert.

Frischluft hilft generell bei der Konzentration und gegen Müdigkeit

Fenster auf oder Fenster zu: Für die Forscher der HHN ist diese Frage bei der Untersuchung von Raumluftfiltern eigentlich keine entscheidende. “Einerseits lüftet man, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Andererseits verringert es die CO2-Konzentration im Raum”, erklärt Lukas Springsklee aus dem HHN-Team. Dies seien zwei unterschiedliche Gründe.

Denn generell ist frische Luft wichtig für die Konzentration. Wer etwa im Winter will, “dass die Schüler nicht allzu müde werden”, müsse das Fenster trotz Kälte regelmäßig öffnen. Das sei aber auch schon vor der Pandemie der Fall gewesen.

Raumluftreiniger kommen dann ins Spiel, wenn es um die Reduktion von möglicherweise gefährlichen Partikeln wie Viren im Raum geht. Wenn die Geräte zuverlässig arbeiten, müsste, so Springsklee, je nach Größe des Raums und Personenzahl auch weniger häufig gelüftet werden.

Pappkarton-Dummies als Studierenden im Experiment

Und genau da setzt das Experiment des HHN-Teams um Professor Jennifer Niessner an. Für ihren Versuch haben die Forscher Pappkartons mit Glühbirnen im Inneren in einen Hörsaal gestellt, die die Studierenden plus einen Dozenten und ihre Körpertemperatur simulieren. Wo ihr Gesicht wäre, ungefähr da, wo die Menschen einatmen würden, wurde ein Sensor angebracht, der die Partikelkonzentration misst.

Dann haben die Wissenschaftler einen Superspreader-Pappkarton aufgestellt, der im Nasenbereich eine Kochsalzlösung “ausatmet” und geschaut, wie sich die Aerosolpartikel im Raum verbreitet haben, vom Luftreiniger angesaugt und gefiltert wurden. Nach 20 Minuten, in dem der Superspreader den Raum mit den Aerosolen “belädt”, wurde er jeweils abgeschaltet. “In diesem Abklingverlauf hat der Raumluftreiniger, den wir getestet haben, die Aerosole innerhalb von 25 Minuten zu 90 Prozent abgebaut”, sagt Springsklee.

Luft sollte in der Stunde mindestens fünf Mal gefiltert werden

An den einzelnen Sensoren der Pappkarton-Studierenden konnten die Forscher dann feststellen, welche Wege die Partikel bis zum Raumluftreiniger zurücklegen, also wo er am besten aufgestellt wird und auf welcher Stufe er laufen muss. Empfehlenswert sei eine “Luftwechselrate” von fünf, berichtet Springsklee. Das heißt: Das Gerät sollte die gesamte Luft im Raum in einer Stunde fünf Mal filtern. Das lasse sich anhand der Größe des Raums und der eingestellten Intensitätsstufe des mobilen Luftreinigers berechnen, stünde aber meist auch im Handbuch der Geräte.

Generell, so Lukas Springsklee, könne man sagen, dass große Raumluftfilter auch besser für große Räume geeignet sind, weil sie größere Luftmengen auf einer kleineren, und damit leiseren, Stufe filtern können.

Auch bei falscher Positionierung noch zu 60 Prozent wirksam

Das Experiment zeigt noch etwas: “Die Ausrichtung des Raumluftfilters ist wichtig”, sagt Professor Niessner. In dem Experiment mit den Pappkartons sei ein Gerät von Mann+Hummel getestet worden. Dieses saugt die Luft an einer bestimmten Stelle an und bläst die gefilterte Luft an anderer Stelle aus.

Wurden beide Stellen beim Platzieren blockiert, zum Beispiel durch Wände, war das ungünstig. Mit einem Superspreader-Dummy im Raum konnte das sogar dazu führen, dass durch die erzeugte Raumluftströmung manche Pappkartons lokal mehr Partikel “eingeatmet” hätten als bei ausgeschaltetem Raumluftfilter. Am besten waren die Ergebnisse, wenn der Ausstoß des Luftreinigers durch eine Wand blockiert war, aber das Gerät die Raumluft frei einsaugen konnte. Bei dieser Aufstellung konnte die Partikelkonzentration lokal um bis zu 90 Prozent gesenkt werden. Jennifer Niessner betont  auch, dass die Aerosolkonzentration selbst bei einer ungünstigen Position des Raumluftfilters mit durchschnittlich 60 Prozent immer noch deutlich reduziert werden konnte.

Wichtiger Baustein gegen Covid-19

Jennifer Niessner, die als Teil des Expertenkreises Aerosole auch die Landesregierung berät, empfiehlt den Einsatz von mobilen Luftreinigern als “zusätzlichen Baustein”. Wo Lüften schwierig ist oder es nur eine kleine Fensterfläche gibt, seien die Geräte unerlässlich.

Zu den schwierigen Bedingungen zählt sie auch die kalte Jahreszeit, in der das Stoßlüften im Klassenzimmer alle zehn Minuten eher unangenehm ist. Sie und ihr Team beschäftigen sich weiter mit Corona und Aerosolen: Labortests zur Qualität von Luftreinigern verschiedener Hersteller sind am Laufen, und auch Masken werden weiter untersucht.

HHN hat auch einen Maskenprüfstand

Außer den Raumluftreinigern testet die Hochschule Heilbronn (HHN) auch die Wirksamkeit von Masken unter verschiedenen Bedingungen. Dafür haben die Forscher einen Maskenprüfstand aufgebaut, in dem sowohl Fremd- als auch Selbstschutz getestet werden kann. “Als Testaerosole benutzen wir eine Speichelersatzlösung”, erklärt Simon Berger aus dem HHN-Forscherteam. Dann gehe es bei den Tests einerseits darum, wie gut eine Maske im Gesicht sitzen sollte. Wenn die Maske in dem Versuch mit Knetmasse abgedichtet wird, seien sowohl FFP2-Masken als auch OP-Masken zu mehr als 90 Prozent wirksam, berichtet Berger. In Tests ohne Knetmasse würde jedoch je nach Art der Maske sehr viel Speichelersatzflüssigkeit durchdringen. Der Sitz sei also entscheidend.

Angepasste Masken für Risikopatienten als Ziel

“Unser Ziel ist es, besonders für Risikopatienten optimierte Masken zu erstellen”, erzählt er. Eine Möglichkeit wäre es, die Filterfläche der Maske zu vergrößern oder sie besser an das individuelle Gesicht anzupassen, damit sie möglichst dicht sitzt. Außerdem müsse es besonders in Innenräumen noch andere Schutzmaßnahmen geben, um eine Infektion zu verhindern, zum Beispiel über Lüftung oder Raumlufttechnik. Ferner wolle die HHN untersuchen, welchen Effekt es auf die Wirksamkeit von Masken hat, wenn sie schon getragen wurden.