»Einen Avatar als Chefredakteur wird es nicht geben«

Tilmann Distelbarth leitet erfolgreich die Heilbronner Stimme als Nachfolger seines Vaters. Der Medienunternehmer erzählte im Interview über seine Studienzeit und seine anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Jurastudium, weshalb ihm die Hochschulentwicklung in Heilbronn wichtig ist, welche Chancen sich in Zukunft durch die Transformation zur Wissensstadt für Heilbronn und die Heilbronner Stimme ergeben und weshalb er sich keinen Avatar als einen der zukünftigen Nachfolger seines Chefredakteurs vorstellen kann.

Interview: Robert Mucha; Fotos: Nico Kurth

wissensstadt.hn: Das Interview lesen hoffentlich auch viele Studenten, deshalb interessiert mich Ihre Studienzeit. Was haben Sie wann und wo studiert und hat es Spaß gemacht?

Tilmann Distelbarth: Ich habe meine Studienlaufbahn mit Jura in Tübingen begonnen. Ich hatte ein Grundinteresse an Wirtschaft, Recht, Gesellschaft und Politik, deshalb war es für mich naheliegend. Ich habe dann aber festgestellt, dass Jura zumindest im ersten Jahr für mich schwierig war, weil ich die Studieninhalte nicht greifen konnte. Darum wechselte ich zur deutlichen konkreteren Betriebswirtschaft. Ich habe aber, ordentlich wie ich bin, noch die Zwischenprüfung bei den Juristen beendet. Im Nachhinein glaube ich, dass mich die Juristerei noch gepackt hätte, wenn ich länger dabei geblieben wäre. Das ist auch die Erfahrung meiner Mitstudenten.

wissensstadt.hn: Und BWL haben Sie auch in Tübingen studiert?

Tilmann Distelbarth: Ja, bis zum Vordiplom, dann bin ich für Auslangsjahr nach Frankreich, auf die Universität von Rouen. Das war nicht über ein Austauschprogramm, ich hatte mir die Uni selbst ausgesucht. Unglaublich: Es war damals wesentlich einfacher von Deutschland mit einem Vordiplom nach Frankreich auf eine Uni zu wechseln als innerhalb von Deutschland.

wissensstadt.hn: Wo war das Studentenleben für Sie spannender, in Tübingen oder in Frankreich

Tilmann Distelbarth: Das war beides spannend.

wissensstadt.hn: Ich gehe davon aus, Sie sind nach Tübingen gezogen und nicht von Heilbronn gependelt?

Tilmann Distelbarth: Genau. Am Anfang war ich jedes Wochenende hier. Nachdem ich mich eingelebt hatte blieb ich aber die meisten Wochenenden in Tübingen. Das Studentenleben in Tübingen war das klassische deutsche Studentenleben in einer Uni-Stadt, das war richtig klasse: Das war vielfältig, ich lernte unheimlich viele neue Leute kennen und erweiterte dadurch den persönlichen Horizont.

wissensstadt.hn: Und wie war Rouen?

Tilmann Distelbarth: Das war noch mal anders, weil es eine andere Sprache und eine andere Kultur war. In Rouen gab es nicht hunderte Deutsche, wie in Paris oder in Aix-en-Provence, das wäre die Partneruniversität von Tübingen gewesen. Ich war in der Wirtschaftsfakultät so ziemlich der einzige Deutsche. Es war noch mal ein anderes Flair zu spüren, weil es dieses Auslandsjahr war. Ich persönlich würde jedem Studierenden anraten, auf jeden Fall ein Jahr ins Ausland zu gehen, um die Sprache, die Kultur und diesen geweiteten Horizont komplett mitzunehmen.

wissensstadt.hn: Angenommen, Sie wären in der heutigen Zeit Student in Tübingen und merken, Jura ist wenig greifbar, ich wechsle lieber zu BWL: Hätte es Sie dann zurück in die Heimatstadt gezogen mit dem BWL-Angebot auf dem Bildungscampus?

Tilmann Distelbarth: Der Ruf von der TUM ist genial – das wäre sicherlich noch mal ein Punkt gewesen, den ich bei meinen Überlegungen mit einbezogen hätte. Aber ein Stück weit ist die Studienzeit auch ein Abnabelungsprozess vom Elternhaus, es geht ums Erwachsenwerden und die eigene freie Entwicklung. So ein Schritt in die Selbstständigkeit bedeutet auf sich allein gestellt zu sein und selber zu schauen: Wie organisiere ich mich auch jenseits des Studiums beim Wäschewaschen, Einkaufen, Kochen und überhaupt?

wissensstadt.hn: Also ein Appell an die Heilbronner Heimschläferstudenten, von denen es ja noch viele gibt, sich herauszutrauen aus dem »Hotel Mama«?

Tilmann Distelbarth: Ja, auf jeden Fall. Aber es ist auch oft ein finanzielles Thema – viele können sich die Miete nicht leisten und dann ist es einfacher zu Hause wohnen zu können: Das ist ein absolut wichtiges Argument und für viele unschlagbar.

wissensstadt.hn: Wie ging es mit ihrem Studium nach dem Frankreichjahr weiter?

Tilmann Distelbarth: Ich bin nicht mehr nach Tübingen zurückgewechselt, ich wollte etwas anderes erkunden und eine ganz andere Ecke von Deutschland kennenlernen. Ich hatte mir einige Unis im Norden angeschaut: Hamburg, Bremen, Hannover, Osnabrück und bin am Ende in Oldenburg gelandet, eine kleinere Uni, vor allem für den BWL-Bereich. Dafür gab es in Oldenburg eine Kombination von BWL mit juristischem Schwerpunkt – ich konnte da meine juristische Grundkompetenz einbringen und beide Welten miteinander verbinden.

wissensstadt.hn: Sie waren dann beim Tagesspiegel und haben dort volontiert. Ihr Vater hatte die Heilbronner Stimme geleitet, also ein folgerichtiger Schritt, um den Fußstapfen ihres Vaters zu folgen?

Tilmann Distelbarth: Für mich hat sich die Frage der Nachfolge im Familienunternehmen erst im Hauptstudium gestellt, dann, wenn es für jeden Einzelnen konkret wird, was man mit seinem Studium macht? Mein Vater hat mich auch nie gedrängt, er war der Meinung, dass jeder seine eigene Entscheidung darüber treffen müsse, was ihm Spaß macht im Leben. Denn wenn es keinen Spaß macht, dann ist man nicht mit Leidenschaft und Herzblut dabei. In den Semesterferien war ich immer zum Praktikum bei der Heilbronner Stimme und habe dadurch einen Durchlauf durch den ganzen Verlag gemacht: Technik, Verwaltung, kaufmännische Anzeigenabteilung, Vertrieb und Logistik, jedoch nicht die Redaktion. Ich hatte dadurch den Überblick, was das Verlagsgeschäft bedeutet. Ein DHBW-Student kriegt natürlich wesentlich mehr mit, weil er länger im Unternehmen ist, aber jedes Jahr ein Praktikum bietet auch einen guten Einblick.

wissensstadt.hn: Und durch die Praktika konnten Sie sich die Unternehmensnachfolge vorstellen?

Tilmann Distelbarth: Als dann die Entscheidung für mich reifte, dass ich mir die Familienachfolge vorstellen kann, und sich auch mein Vater das vorstellen konnte – das kommt ja auch noch dazu, dass der Senior den Junior auch in der Rolle sieht – war für mich klar, dass ich auf jeden Fall den Redakteursberuf lernen möchte. Das macht man am besten nicht im eigenen Verlag als Sohn des Chefs. So war ich ein normaler Volontär beim Berliner Tagesspiegel und danach bei der Abendzeitung in München, um noch eine ganz andere Art von Journalismus kennenzulernen – Boulevardjournalismus mit einem intellektuellen Anspruch. Die Abendzeitung war damals legendär. Das war für mich eine unheimlich wichtige Zeit zumal das Schreiben für mich immer einen ganz besonderen Reiz hatte.

wissensstadt.hn: Hat ihnen der Redakteursberuf gefallen?

Tilmann Distelbarth: Das hat für mich in der eigenen Entwicklung einen richtigen Schub gebracht, man muss konzentriert auf auf den Punkt formulieren und sich überlegen, für wen ich schreibe. Schreibe ich für den Leser des Tagesspiegel oder schreibe für den Leser der Abendzeitung? Das ist eine unterschiedliche Klientel. Mit welchem Empfängerhorizont muss ich die Themen aufbereiten für das, was ich sagen und vermitteln möchte? Ich habe danach noch mal angefangen, meine Diplomarbeit nachzulesen und dachte: »Meine Güte, es wäre schön gewesen, wenn ich vorher einmal eine Schreibwerkstatt gemacht hätte.« Es war für mich eine Leidenschaft, dieses Schreiben und die Darstellung von Themen zu lernen und das war für mich ein wichtiger letzter Schritt um dann die Nachfolge meines Vaters im Verlag zu übernehmen.

wissensstadt.hn: Welche Bedeutung hat die Entwicklung der Wissensstadt für die Heilbronner Stimme und die Stadtentwicklung?

Tilmann Distelbarth: Für mich ist das mit viel Leidenschaft verbunden. Ich war früh in den 2000er-Jahren über sehr viele Jahre Mitglied im Hochschulrat der Hochschule Heilbronn und habe seitdem die Hochschulentwicklung in der Region mit viel Leidenschaft begleitet. Ich war auch ganz früh mit dabei, als es darum ging, ob die Hochschulen miteinander in der Öffentlichkeit zu vernetzen. Wir haben dann den Förderverein für die Hochschulregion Heilbronn-Franken gegründet und das Hochschulportal »Hoch Drei« erfunden und fast zehn Jahre lang betrieben. Mit der Entwicklung des Bildungscampus mussten die Ziele, die eigentlich hinter diesem Verein für die Hochschulregion stecken, stärker mit einem Fokus auf Heilbronn belegt werden, weg von der Gesamtregion – das war dann die Geburtsstunde für den Verein »Wissensstadt Heilbronn e. V.«, dessen Gründungsmitglied ich bin. Eine Zeitung wie die Heilbronner Stimme lebt von der positiven der Region. Wenn es der Region schlecht geht, geht es auch dem Medienunternehmen schlechter. Je prosperierender die Region ist, umso besser geht es allen, die in der Region regional aktiv sind. Die Entwicklungen und die Chancen der Wissensstadt Heilbronn sind so gigantisch, dass sich Heilbronn nach vorne katapultieren kann bei den Themen Wissen und Bildung, den wichtigsten Schätzen, die wir Menschen haben. Nun kommt noch der KI-Innovationspark des Landes nach Heilbronn. Das ist eine riesige Chance, und nicht nur im rein technischen Gebiet, sondern jetzt mit einer kompletten Bandbreite bis hin zum universitären Angebot der TU München oder der unkonventionellen Programmierschule »42 Heilbronn«. Wissen ist ein Schatz und ein Quell von Reichtum. Nicht nur im Sinne von monetärerem Reichtum, sondern von Erfüllung und Selbstentwicklung.

wissensstadt.hn: Was bedeutet »Wissensstadt Heilbronn« für Sie?

Tilmann Distelbarth: Das Label transportiert für mich ein ganz neues Image der Stadt Heilbronn. Eben nicht mehr die Heilbronner Käthchen-Folklore, die man als Puppe mit blonden Zöpfen kauft.  Das Thema Wein ist nicht angestaubt, Wein ist aktuell und die Region hat sich diesbezüglich unheimlich weiterentwickelt. Aber es ist noch mal eine ganz andere Liga mit dem Thema »Wissen« zu punkten. Gerade auch die Verbindung zwischen dem bodenständigen Thema Wein und der Landschaft drumherum. Es ist großartig hier zu leben und die Verbindung mit dem Wissensschwerpunkt ist eine tolle Grundvoraussetzung, dass die Stadt und Region ihren eigenen Charakter nicht nur behält, sondern weiterentwickelt und nicht im Sog der Metropolregion Stuttgart untergeht. Damit kann Heilbronn seine Eigenständigkeit bewahren und bleibt damit ein Stück weit auch in der Tradition der freien Reichsstadt.

wissensstadt.hn: Könnte der Begriff Wissensstadt ein Narrativ sein, das ein USP Heilbronns überregional herausstellen könnte? Denn was hier passiert ist einzigartig, vielleicht sogar auf dem Kontinent und nicht nur in Deutschland.

Tilmann Distelbarth: Jede Uni-Stadt kann im Prinzip für sich beanspruchen, Wissensstadt zu sein und man muss ehrlicherweise sagen, dass viele Städte viel weiter sind, als Heilbronn heute ist, weil sie einfach wie zum Beispiel Tübingen auf eine uralte Tradition zurückblicken und das Thema Wissen in allem viel fester verankert ist. Aber es ist, glaube ich, trotzdem ein Alleinstellungsmerkmal, weil es eben mit der Story verbunden ist, dass hier etwas aufgebaut wird. Dass sich die FH-Stadt Heilbronn, die vor 15 Jahren keine 5.000 Studierende hatte so entwickelt hat, ein breites Studienangebot und eine Vielfalt an Bildungsmöglichkeiten vorweisen kann, was letztendlich auch der Kraft der Region entspricht. Denn früher war es so, trotz allem Reichtum und allen prosperierenden Firmen in Heilbronn, dass man im zum Studieren die Region verlassen musste. Heute hat man die Möglichkeit hier zu bleiben und hochwertige akademische Angebote wahrzunehmen, bis hin zur Promotion. Das bietet so viele Anreize in der Region zu bleiben, hier einen Arbeitsplatz zu finden, eine Familie zu gründen und sein Leben zu gestalten – und damit die Region zu bereichern.

wissensstadt.hn: Die Champions League der Hochschulen wie Oxford, Stanford und die Hebrew University kommen bald nach Heilbronn, die TUM ist schon da. Eigentlich müssten Sie ihre Wissenschafts- und Bildungsredaktion ausbauen in den nächsten Jahren …

Tilmann Distelbarth: Absolut. Ausbauen im Sinne von Konzentration auf das Thema Wissen und Bildung. Wir haben die klassische Ressort-Einteilung alter Prägung schon seit 2014 verlassen: Wir haben zwar Ressorts, um den Redaktionsalltag zu organisieren, aber die wichtigen Impulse finden in den Themen-Teams statt, die ressortübergreifend zusammengestellt sind. Und das Thema Bildung ist da eines der großen Schwerpunkte. Wir sind im Moment auch in einer konkreten Überlegung, wie wir dieses Thema in der Zeitung sichtbarer verankern werden.

wissensstadt.hn: Bekommen Sie Rückkopplung aus der Chefredaktion, wie das Redaktionsteam die Entwicklung und die Neuigkeiten zum KI-Park aufnehmen?

Tilmann Distelbarth: Also dieses »Flirren« was von dem Thema KI-Park ausgeht, das hat die Redaktion auch erfasst.

wissensstadt.hn: Die Redaktion denkt über neue Formate und Kanäle nach, die Themen rund um Wissen und Bildung modern darzustellen?

Tilmann Distelbarth: Ziel ist es den Themenkomplex und die Entwicklungen dazu in der Stadt und in der Region zeitgemäß darzustellen und mit einem ganz anderen Ansatz als mit dem Hochschulportal, das sich in der Tat hauptsächlich an Studierende gerichtet hatte. Wir wollen die Gesamtbevölkerung bei dem Thema mitnehmen, Menschen, die mit dem Bildungscampus nur dann etwas zu tun haben, wenn die eigenen Kinder überlegen, hier zu studieren. Viele Bürger und Bürgerinnen  haben noch keine direkte Berührung mit dem Bildungscampus und bekommen nicht mit, was an Wissensstadt-Initiativen läuft. Das klarzustellen, welche Chancen und welche Entwicklungsmöglichkeiten hierin stecken, das ist unsere Aufgabe und das wollen wir auch für unsere ganz breiten Zielgruppen entsprechend aufbereiten.

wissensstadt.hn: Welche Rolle spielt KI in der täglichen Arbeit in der Redaktion der Heilbronner Stimme?

Tilmann Distelbarth: Wir haben das Thema KI in der Redaktion noch nicht in der Priorität, weil es für uns derzeit an anderen Punkten der Digitalisierung wichtiger ist, Gas zu geben, sodass wir ein breiteres digitales Angebot an die Leser und Leserinnen  bieten können, als wir es aktuell tun.

wissensstadt.hn: Wo gehen die Trends hin im Journalismus in Verbindung mit KI? Wie sehr wird eine KI die redaktionelle Arbeit beeinflussen und vielleicht auch beeinflussen, was dann tatsächlich in das Blatt oder auf das Tablet kommt?

Tilmann Distelbarth: Die technischen Möglichkeiten von Algorithmen, Automatismen und einer automatisierten Suchauswertung zu nutzen, das ist, glaube ich, ein wichtiges Element, um die Arbeit in der Redaktion qualitativ zu stärken und letztendlich den Redakteur oder die Redakteurin zu entlasten oder ihnen die Zeit zu verschaffen, sich um die Recherche, die Inhalte zu kümmern. Die Systeme können gerade bei den digitalen Publikationen bei der Frage helfen: Schreibe ich denn wirklich für die Zielgruppe und verstehen die das, was ich tue? Ich kann ja nur messen, was gelesen wird, sondern auch wann jemand beim Lesen abbricht und wie lange die Lesedauer ist. Da sind wir gerade dabei, genau diese Tools einzuführen und erste Analysen zu fahren, welche Artikel welche Lesedauer und welche Aufmerksamkeit haben, um dann weiter zu experimentieren. Uns geht es aber nicht um Klickzahlen, sondern uns geht es darum, dass wir das Vertrauen von Abonnenten und Abonnentinnen gewinnen. Dabei kann KI definitiv helfen. Ich glaube aber auch, dass der Gesamttrend dahin geht, dass die Personalisierung wichtiger wird. Wer steht dahinter und gibt es eine Marke? Jeder schreibende Redakteur ist ein Stück weit nach außen hin sichtbar. Es ist wichtig, die Persönlichkeit zu sehen und darüber auch noch mal einen Kontakt aufzubauen. Wenn da nur eine Maschine etwas zusammenschreibt, dann fehlt genau dieser Bezug.

wissensstadt.hn: In Japan gehen schon heute 80.000 Menschen auf Konzerte von Avataren. Dann wäre eine Zeitung, deren Chefredakteur ein Avatar ist, auch denkbar.

Tilmann Distelbarth: Alles ist erlaubt zu denken, aber ich glaube nicht, dass es einen Chefredakteur als Avatar geben kann. Letztendlich ist es nicht nur der Chefredakteur allein, sondern das gesamte Team, das eine Zeitung macht. Ich glaube, die Rolle von KI ist die, eine professionelle Unterstützung anzubieten. Aber die Grundsatzentscheidungen muss trotzdem der Mensch treffen, vielleicht auf einer besseren Datenbasis oder einem breiteren Wissen über das Umfeld.

wissensstadt.hn: Fehlen kreative Studiengänge in Heilbronn?

Tilmann Distelbarth: Ich glaube schon, dass wir in der Bandbreite der Studienangebote das Thema Kreativität durchaus noch mehr pushen können. Es sollte aber nicht das Wagnis eingegangen werden, einen neuen zusätzlichen Schwerpunkt zu setzen, sondern sich auf das zu fokussieren, was sich im Bereich KI als Chance auftut. Ansonsten sehe die Gefahr, sich zu verzetteln. Aber als Abrundung glaube ich schon, dass dem Studienstandort Heilbronn noch etwas kreative Fachrichtungen gut tun würden..

wissensstadt.hn: Abschließend: Welche Rolle sollte die Heilbronner Stimme und das Verlagshaus bei der Weiterentwicklung der Wissensstadt Heilbronn aus Ihrer Sicht einnehmen?

Tilmann Distelbarth: Durch eine engagierte, kritische Berichterstattung die Themen weiter vorantreiben. Das ist unsere Aufgabe. Also nicht nur »Hurra!« schreien, sondern durchaus den Finger in Wunden legen, die es möglicherweise gibt oder die Punkte offenlegen, die man pluralistisch diskutieren muss. Denn ansonsten ist man dem Vorwurf ausgesetzt, Hofberichterstattung zu machen und die Dinge zu eindimensional zu betrachten. Das wollen die Leute nicht lesen. Und für uns ist es ein wichtiges Qualitätskriterium, das wir etwa bei aller Euphorie über diesen KI-Park in Heilbronn unseren kritischen Blick darauf nicht verlieren. Das ist dann keine Nestbeschmutzung, wie manche gleich urteilen, sondern das Selbstverständnis des Journalismus.