Ecsite: Wilde Ideen für die Zukunft der Wissenschaft

In Heilbronn geht ein Wochenende ganz im Zeichen der Wissenschaft zu Ende. Auf der Fachkonferenz Ecsite wurde über die Museen der Zukunft diskutiert. Bei den Wild Spaces entwickelten vor allem Jugendliche Ideen für die Welt von morgen.

Von Milva-Katharina Klöppel Foto: Andreas Veigel

Englisch, Dänisch, Französisch und sogar Ukrainisch ist auf der Fachmesse für Science Center und Museen, der Ecsite, in den vergangenen Tagen zu hören gewesen. Insgesamt 977 Teilnehmer aus 47 Ländern kamen, um sich über Projekte, neue Konzepte und Ideen in der Wissensvermittlung sowie im Aufbau von Ausstellungen und mehr auszutauschen. “Wie verdoppelt man sein Wissen?”, fragt Bruno Maquart, Präsident der Ecsite bei der Abschlussfeier. “Indem man es teilt.”

Und genau das haben Wissenschaftler, Museumsexperten, Konstrukteure und viele mehr in den mehr als 30 Workshops getan. Der überwiegende Teil der Besucher kam aus Deutschland. Besonders groß war die Freude über die Teilnahme der sieben Ukrainer. Zehn Delegierte aus Malta schauten besonders genau hin, wie die Heilbronner rund um die Experimenta ihre Ecsite zu einem Erfolgserlebnis gebracht haben. Dort soll die Ecsite-Konferenz 2023 stattfinden. 

Keynote-Impulse von Sinéad Burke & Lucy Hawking

Beeindruckend die Keynote-Rede von Sinéad Burke am Freitag. Die Irin ist kleinwüchsig und kämpft dafür, dass Menschen wie sie auch in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Am Samstag trat Lucy Hawking auf. Die Tochter von Stephen Hawking studierte in Oxford und hat sich als freie Journalistin und Autorin einen Namen gemacht.

Beeindruckend: Herlinde Koelbl

Auf der Nachhaltigkeitsmesse Wild Spaces in unmittelbarer Nähe der Ecsite konnten Besucher die neueste Fotoreihe von Herlinde Koelbl betrachten. Der treffende Titel der Ausstellung: “Faszination Wissenschaft”. Auf ungewöhnlich zugängliche Weise porträtiert die international bekannte deutsche Fotografin 60 der weltweit renommiertesten Naturwissenschaftlerinnen und Nobelpreisträger. Eine Formel, eine Philosophie, ein Zitat: Die Fotografin bat jede und jeden der Porträtierten, die Essenz ihrer Forschung auf der Hand zu notieren.

So wird die Faszination von Wissenschaft im Wortsinn greifbar. Herlinde Koelbl war vor Ort und beeindruckte in mehreren Vorträgen über ihre Arbeit sowohl bei der Ecsite als auch bei den Wild Spaces. Ihr Geheimrezept: “Leidenschaft – die Menschen, die ich fotografiere, vertrauen mir”, so die 82-Jährige. “Ich lasse den Menschen, die ich porträtieren möchte, Zeit, sich in ihrer Umgebung wohl zu fühlen.” Sie gibt ihren Fotomotiven keine Anweisungen, wie sie sich hinzustellen hätten. “Mein Gegenüber darf nicht schauspielern”, so Koelbl. 

Das gilt auch für “Faszination Wissenschaft”. Herlinde Koelbl sucht den Menschen hinter der Forschung, das was ihn – unabhängig von Herkunft oder Nationalität – antreibt, nach dem ersten Schritt immer weiter zu gehen. Nahbar skizzieren die Interviewten nicht nur ihre Forschung, sondern auch ihre persönlichen Erfahrungen, Erfolge und Rückschläge auf dem Weg nach ganz oben. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Ausstellung in Gänze noch einmal in die Experimenta, das Heilbronner Science Center, zieht. 

Die Musik der Natur: DJ & Biologe Dominik Eulberg

Einer, der Natur hörbar und Wissenschaft greifbar macht, ist der Biologe und DJ Dominik Eulberg. Während der 43-Jährige sonst bei Festivals ganze Stadien zum Tanzen bringt, ging er am Freitagnachmittag mit rund zehn Interessierten auf eine Mini-Exkursion an den Neckar. “Ich scanne permanent die Vogelstimme”, erklärte Eulberg der Gruppe, um im nächsten Moment zu fragen: “Welchen Vogel habt ihr gerade gehört?” Stille und fragende Gesichter – es war der Buchfink, wie der im Westerwald lebende Eulberg sogleich verrät. Seinen Ruf könne man sich merken, wenn man den Spruch aufsagt: “Ich, ich, ich trinke würziges Bier” oder aber “Ich, ich, ich bin Unteroffizier.” Es sollten nicht die einzigen Eselsbrücken oder aber für Nicht-Wissenschaftler verständlichen Anleihen rund um die Tierwelt vor unserer Haustür bleiben. 

Einen kleinen Einblick in das, was Dominik Eulberg vor knapp zwei Jahrzehnten internationalen Erfolg einbrachte, gibt er am Freitagnachmittag im großen Zelt der Wild Spaces: Bekannt geworden ist Eulberg letztendlich als Techno-DJ – mit Tracks, in denen neben synthetischen Sounds auch Vogelstimmen und Naturklänge zu hören sind. Auf zwei Monitoren können die Besucher der Wild Spaces beeindruckende Bilder von zum Beispiel Roten Waldameisen sehen, während Eulberg im Hintergrund sphärische Klänge und wummernde Bässe einspielt. 

So richtig warm wird die Nachteule Dominik Eulberg allerdings erst, als es am Abend auf einen Fledermaus-Spaziergang geht. Mit dabei ein Bat-Detektor, ein Fledermaus-Detektor. Alle heimischen Fledermäuse jagen und orientieren sich mit Hilfe der sogenannten Ultraschall-Echoortung. Die Laute sind allesamt für den Menschen nicht wahrnehmbar. Der Bat-Detektor wandelt die hochfrequenten Rufe der Fledermäuse in hörbare Laute ab.

Allerdings hat die kleine Exkursionsgruppe rund um Eulberg am Freitagabend schlechte Karten: Die Heilbronner Fledermäuse machen sich rar. Nur wenige Male gibt der Detektor knarzende Geräusche von sich. Dennoch sind alle begeistert: Auf lockere Art und Weise vermittelt der Biologe sein fundiertes Wissen und macht Lust, wieder mehr auf die Geräusche, die Musik der Natur zu lauschen. 

Gelungenes Experiment

So ist es nicht verwunderlich, dass Dr. Wolfgang Hansch, der Geschäftsführer der Experimenta, am Ende der mehrtägigen Veranstaltungen nicht nur glücklich sondern auch ein bisschen emotional ist. “Wir haben allen Skeptikern bewiesen, dass wir die Ecsite in Heilbronn hinbekommen”, so Hansch. Über die Kosten für ein solches Mammutprojekt schweigt der Leiter der Lern- und Erlebniswelt: “Am meisten haben wir fürs gute Wetter ausgegeben.” 

 

Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme