Bei den Studieninfotagen Die Wissensstadt Heilbronn bekannter machen

Interview mit Science-YouTuber Jacob Beautemps, dem Host des DIGITALEN STUDIENINFOTAGES »STUDY@HEILBRONN« am 18. Juni 2021 

Interview: Robert Mucha, Fotos: Nico Kurth

Jacob Beautemps ist einer der bekanntesten und reichweitenstärksten Science-YouTuber Deutschlands, angehender Doktor der Physik und Host der Studieninfotage »study@heilbronn« am 18. Juni 2021. Wir sprachen im Vorfeld der Studieninfotage mit dem 27-jährigen Kölner u. a. über die Wohlfühlatmosphäre am Heilbronner Bildungscampus, was Besucher des digitalen Studieninfotages »study@heilbronn« erwartet und weshalb es Hochschulen so schwerfällt, erfolgreiche Videoformate zu entwickeln.

wissensstadt.hn: Hallo Jacob, was hat dich aus deiner Heimatstadt Köln hier her nach Heilbronn getrieben?

Jacob Beautemps: Ich bin für die Vorbereitungen der Studieninfotage in der Stadt. Ich war letztes Jahr auch schon für »study@heilbronn« hier. Es geht darum, die Wissensstadt Heilbronn, – die sie ja schon ist, – bekannter zu machen und dafür zu sorgen, dass junge Leute, die Bock auf Wissenschaft haben, die Lust auf Lernen haben, hierherkommen.

wissensstadt.hn: Und was bereitest du einen Monat vor der Veranstaltung vor?

Jacob Beautemps: Wir nehmen aktuell die Vorstellungen der einzelnen Hochschulen auf. Es ist ein Learning aus dem letzten Jahr, das komplett »live« übertragen wurde. Reine Infoformate, die vorab produziert werden, kann man viel kompakter gestalten. Die Leute sind es gewohnt, dass sie in kürzester Zeit alle relevanten Infos »on Point« geliefert kriegen. Und »live« übertragen wir in diesem Jahr die Formate, die ihre Stärken auch »live« haben, wenn es um Interaktion geht und darum dieses »Happening« hervorzuheben.

 wissensstadt.hn: Du bist inzwischen Science-YouTuber, dein Kanal »Breaking Lab« hat über 350.000 Abonnenten. Die Videos werden von in der Spitze über 1.500.000 Leuten geschaut und haben insgesamt über 35 Millionen Aufrufe. Von Haus aus bist du studierter Physiker und Sozialwissenschaftler und promovierst aktuell zum Thema »Lernen mit Videos in der Physikdidaktik«. Wie bist du vom Hörsaal ins Aufnahmestudio gekommen? Verlaufen?

Jacob Beautemps: Über Umwege, es war nie mein Plan. Ich hatte als Student einen Nebenjob bei einer TV-Produktionsfirma. Dort habe ich Philip Häusser kennengelernt, der gerade ein Buch geschrieben hatte, »Phil’s Physics«, und er wollte einen Youtube-Kanal machen und dann kam eins zum anderen. Er war der Presenter, ich war hinter der Kamera und habe zwei Jahre lang Videos für seinen YouTube-Kanal produziert. Und weil ich das – glaube ich – ganz gut gemacht habe, durfte ich bei TV-Formaten wie »Eins, Zwei oder Drei« oder bei »Stern TV« wissenschaftliche Beiträge betreuen. Und dann kam der Zeitpunkt, dass Philip aufgehört hat und ich vor die Kamera gegangen bin, was auf jeden Fall Überwindung gekostet hat.

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Jacob erklärt auf seinem Youtube-Kanal »Breaking Lab« spannende Experimente, einfache Lifehacks und verrückte Erfindungen – nach den Prinzipien der Physik!

wissensstadt.hn: Also du warst nicht der, der geschrien hat: »Ich will«?

Jacob Beautemps: Tatsächlich habe ich mich hinter der Kamera ganz wohlgefühlt. Aber weil ich schon zwei Jahre in dieses Herzblut-Projekt hinein investiert hatte, wollte ich es nicht sterben sehen. Mit der Zeit hat es sich entwickelt, dass ich immer mehr Spaß vor der Kamera hatte und das mittlerweile total gerne mache und sicherlich dadurch auch extrovertierter geworden bin, obwohl mein Naturell eher ein ruhiges ist.

wissensstadt.hn: YouTuber werden hat deiner Persönlichkeitsentwicklung weitergeholfen?

Jacob Beautemps: Ich analysiere mich die ganze Zeit selber und bekomme Tausende Kommentare pro Tag. Es ist permanent ein sehr direktes Feedback, was unfassbar anstrengend und belastend sein kann. Aber es hilft mir, weil ich reflektierter geworden bin, weil ich inzwischen weiß, wie ich wirke. Das gibt mir Selbstsicherheit – und sicherlich auch, dass es so gut funktioniert. Wir haben letztes Jahr den größten YouTube-Livestream Deutschlands produziert und ich habe mich auf das Event gefreut, hatte keine Angst davor.

wissensstadt.hn: Corona hat das Thema digitales Lernen viel präsenter gemacht. Hat die Pandemie euch Wissenschafts-Youtubern mehr Zulauf gebracht als in den Jahren zuvor?

Jacob Beautemps: Gar nicht so sehr bezüglich der »Views«, aber die Politik hat uns plötzlich viel ernster genommen. Ob Jens Spahn, Armin Laschet, Dorothee Bär, Julia Klöckner und so weiter – alle sind zu uns gekommen. Das wäre vor Corona sicherlich schwierig geworden. Digitalisierung ist plötzlich viel wichtiger geworden und wurde deutlich ernster genommen. Und das haben wir schon massiv bemerkt.

Jacob Beautemps hat Spaß an seinem Engagement in Heilbronn

wissensstadt.hn: Und die Politik war interessiert, weil du zu einem Thema promovierst, das relevant wird, wenn es um digitales Lernen und digitale Schule geht oder weil man politische Botschaften an junge Zielgruppen senden kann, die man bei Anne Will nicht erreicht?

Jacob Beautemps: Letzteres. Gerade in der Pandemie ging es darum, wichtige Botschaften auch an junge Leute zu senden.

wissensstadt.hn: Für die Videos betreibst du und das Team dahinter einen großen professionellen Aufwand. Wie sieht die Logistik und Infrastruktur hinter einer Videoproduktion für »Breaking Lab« aus?

Jacob Beautemps: Das ist immer größer geworden, weil wir inzwischen neben »Breaking Lab« mit YouTopia ein sehr großes Livestream-Event produziert haben. Wir produzieren für den SWR eine Dokureihe, wir arbeiten für das ZDF und machen viele weitere Projekte, dass heute über 35 Mitarbeiter tätig sind mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen. Ein Großteil unserer Arbeitszeit geht tatsächlich in die Recherche. Der Schnitt ist bewusst nicht so aufwendig, weil wir einen Fokus auf die Inhalte legen wollen und ich das auch irgendwie wenig authentisch fände, wenn wir plötzlich Hollywood-Produktionen abliefern würden. Als Faustregel gilt, dass zwei Drittel der Arbeitszeit für Recherche aufgebracht wird und ein Drittel auf Drehen, Schneiden etc. entfällt. Es gibt immer eine hauptverantwortliche Person pro Video. Meine Redaktionsleiterin, die studierte Wissenschaftsjournalistin ist, und ich prüfen alle Aussagen und es gibt drei »Fact Checker« die ebenfalls jede Aussage im Skript – alle sind mit einem Quellenvermerk versehen, – prüfen.

wissensstadt.hn: Deine Videos werden von sehr vielen Leuten geschaut. Die Macher von Erklärvideos von Unis oder von wissenschaftlichen TV-Formaten können von diesen Zahlen nur träumen …

Jacob Beautemps: Wenn man sich diese Videos oder Kanäle anschaut, fehlt oft ein abgestimmtes Konzept. Darauf spricht der Algorithmus nicht an. Zuschauer*innen besuchen einen Kanal, wenn sie wissen, was sie erwartet. Wenn Besucher merken: »Die Person habe ich noch nie gesehen, das Thema ist komplett etwas anderes, die Machart ist plötzlich grauslich«, dann führt das dazu, dass sie das Video wegklicken und der Algorithmus »denkt« sich: »Scheint kein guter Kanal zu sein« und empfiehlt ihn nicht weiter. Es hat viel mit Strategie und mit der Umsetzungsart zu tun, ob ein Kanal oder Format erfolgreich wird. Es gibt einen Grund, warum wir mittlerweile so ein großes Team sind und das so aufwendig betreiben. Oft wird unterschätzt, wie aufwendig es ist und wie viel hinein investiert werden muss, damit man einen Kanal groß kriegt.

wissensstadt.hn: Du hast 17 Regeln für erfolgreiche YouTube-Videos identifiziert und die sind auch kostenlos im Netz nachzulesen. Was sind die drei Wichtigsten?

Jacob Beautemps: Nummer eins ist das Thema Seriosität. Das ist ein Ergebnis von einer explorativen Studie, die ich im Rahmen meiner Doktorarbeit durchgeführt habe. Und diese Regeln zeigen auf, was Leute in Befragungen angegeben haben, was ihnen wichtig ist. Es kam klar zum Vorschein, dass Leute in der heutigen Zeit das Gefühl haben wollen, dass sie dem Gegenüber vertrauen können. Sie wollen dafür auch »Gütesigel« haben. Bei uns sind das die Quellenangaben, die wir immer sehr genau machen. Das ist der allerwichtigste Punkt, wenn man Wissenschaftskommunikation macht. Der zweite Punkt ist die Machart: Ton ist das Wichtigste, wichtiger als die Bildqualität. Das ist der Hauptfehler, den viele machen, die miteinsteigen – gerade auch Unis. Sie tendieren dazu, sich eine 6.000 Euro Kamera zu kaufen – ohne Mikrofon.

wissensstadt.hn: Und die dritte Regel?

Jacob Beautemps: Die Persönlichkeit des Hosts. YouTube ist ein Format, das von Personen lebt. Und gerade wenn es darum geht, langfristig etwas erfolgreich zu machen, also nicht nur einen viralen Hit zu landen, dann ist es sinnvoll, dass man einen Kanal über eine authentische Persönlichkeit trägt. Dadurch entsteht eine Verbindung zu den Followern.

Jacob Beautemps hat einen Master of Education in Physik und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln erworben, wo er nun seinen Doktor schreibt. Sein Ziel: Junge Menschen für die Naturwissenschaften zu begeistern. Seit 2018 steht er vor der Kamera und versucht über seinen YouTube Kanal Breaking Lab direkter mit den Menschen in Kontakt zu treten. Dabei versucht er Themen der Zukunft oder aktuelle Ereignisse mit einer wissenschaftlichen Herangehensweise greifbar zu machen und zu erklären.

wissensstadt.hn: Gibt es Unis, öffentliche Bildungseinrichtungen und Institutionen, die deine 17 Regeln gelesen haben und sie umsetzen?

Jacob Beautemps: Erstaunlich wenig, da die meisten Hochschulen sich keine Gedanken über das Ziel, das sie mit einem z. B. YouTube-Kanal verfolgen, machen. Kommunikation sollte ein Ziel haben, sonst spricht man in einen leeren Raum herein. Ich empfehle den meisten Unis daher, dass es mehr Sinn machen würde, wenn sie mit einem »Creator« zusammen Videos erstellen – es gibt genug »Science Influencer« – und darüber kommunizieren, statt sich eine eigene Plattform oder einen eigenen Kanal aufzubauen.

wissensstadt.hn: Kommen wir noch einmal zu dir und deinem Engagement bei study@heilbronn. Was passiert dieses Jahr im Juni auf dem Bildungscampus in Heilbronn?

Jacob Beautemps: Dieses Jahr werden mehr Studierende mit eingebunden, um den Studienalltag und noch mehr vom Campus zu zeigen. Und es wurde viel auf das Format »online live« optimiert, sodass es dadurch besser zu sehen sein wird, mehr Leute erreicht und nachhaltiger ist. Die Vorstellungsvideos der einzelnen Hochschulen vorzuproduzieren ist zum Beispiel einfach ein »smarter move«.

wissensstadt.hn: Welchen Eindruck hast du von Heilbronn und dem, was hier am Bildungscampus am Entstehen ist und sich noch weiterentwickelt?

Jacob Beautemps: Erst einmal finde ich es schön, dass diese Idee der »Wissensstadt« so gelebt wird. Ich habe das Gefühl, dass hier einige Leute sind, die sehr visionär und leidenschaftlich für dieses Narrativ unterwegs sind. Und natürlich ist es so, dass dieser Campus sehr schön ist. Ich bin viel an Universitäten und da das leider oft nicht so ist, dass Bildungsstätten gemütlich, schön oder einladend sind, was ich persönlich aber für sehr wichtig halte, – bin ich beeindruckt. Warum investieren Google und Co. so viel in die Arbeitsatmosphäre, in die Arbeitsumgebung? Damit sich die Mitarbeiter*innen gerne da aufhalten, kreativ werden und sich austauschen können.

Jacob Beautemps im Gespräch mit wissensstadt.hn-Redakteur Robert Mucha

wissensstadt.hn: Und passiert über die study@heilbronn hinaus noch mit Jacob Beauteamps, »Breaking Lab« und Heilbronn etwas?

Jacob Beautemps: Wir wollen zusammen auf »Breaking Lab« eine Reihe Live-Events aus der Wissensstadt machen und zeigen, was hier erforscht wird, woran hier gearbeitet wird – und zwar auf eine Art und Weise, dass es für möglichst viele interessant ist. Diese Livestreams funktionieren oft sensationell gut. Das schauen sich viele Leute an, weil es auch sehr interaktive Formate sind. Die Idee ist, einmal im Monat ein cooles Live-Event zu haben, dass die Leute sich darauf einstellen können und nach und nach immer mehr mit dieser Wissensstadt und der Idee der Wissensstadt vertraut werden.

wissensstadt.hn: Und wie wirkt sich dein offensichtlich voller Terminkalender auf deine Promotion aus? Wann dürfen wir dich mit »Herr Doktor« ansprechen?

Jacob Beautemps: Das ist schwer zu sagen. Ich habe ungefähr ein Drittel geschrieben, das heißt, in ein, zwei Jahren könnte es klappen.

Jacob Beautemps bei »study@heilbronn« am 18. Juni 2021

09:00 Uhr – Hallo – Jacob hier
09:15 Uhr – Studieren in Heilbronn: 4 Hochschulen und 1 Coding School
10:00 Uhr – Leben in Heilbronn
10:10 Uhr – PAUSE
10:40 Uhr – Hochschulen im Talk mit Jacob
11:10 Uhr – Komm mit Jacob in unsere Bibliothek
11:25 Uhr – High­light aus der LIVe-Lounge 2020
12:00 Uhr – PAUSE
12:10 Uhr – Jacob zeigt euch den Bildungscampus
12:25 Uhr – Jacob im Untergrund: ein Besuch in der Mensa
12:30 Uhr – Heilbronn ist eine Wissensstadt
12:50 Uhr – Die Info-Plattform für deine Studienwahl – wie findest du was 
13:00 Uhr – Bis dann – Jacob verabschiedet sich

 

Weitere Infos zum digitalen Studieninfotag