Bei Bildungskonferenz in Heilbronn decken die Akteure Schwachpunkte auf und erarbeiten Lösungen

Worauf kommt es an, wenn es um Bildungsgerechtigkeit geht? Das diskutierten und erarbeiteten zahlreiche Interessierte aus Kommunalverwaltung, Sozialarbeit und dem Schulsektor bei der Bildungskonferenz des Schul-, Kultur- und Sportamts im WTZ-Tagungszentrum Heilbronn.

Von Kirsi-Fee Rexin

Durch Workshops und den Vortrag von Oberbürgermeister Harry Mergel, Bürgermeisterin Agnes Christner und Politikberater Erik Flügge wurde deutlich: Heilbronn ist bezogen auf die Bildungslandschaft auf einem guten Weg, schöpft Potenziale aus. Jedoch gibt es noch etliche Optimierungsmöglichkeiten, wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche jeder Herkunft und aller Gesellschaftsschichten zu erreichen.

„Ich denke, Bildung ist der Schlüssel für ein erfülltes Leben und die Basis für den Erfolg in unserer Gesellschaft – sozial, aber auch wirtschaftlich“, erklärte OB Harry Mergel. In Heilbronn befinde man sich nach dem Wiederaufbau 1945, dem Wirtschaftswunder von 1959 bis 1971 nun in der dritten wichtigen Phase der Nachkriegszeit: der Entwicklung zur Wissensstadt. Die Wichtigkeit der Teilhabe durch Bildung habe Heilbronn früh erkannt. 2007 sei man die erste Stadt in Süddeutschland mit einer kommunalen Bildungsplanung gewesen. Die Ergebnisse seien teilweise spektakulär: So würden in Heilbronn über 70 Prozent eine Ganztagsschule besuchen, zudem erhebe man keine Kindergartengebühren. „Heilbronn hat immer offensiv Bildungspolitik gemacht und setzt besonders auf die frühe Bildung.“

Agnes Christner: “Wir haben noch einen Weg vor uns.”

Dennoch, so der OB, müsse man kritisch hinterfragen, wie weit man auf dem Weg wirklich sei. Bürgermeisterin Agnes Christner betonte die Wichtigkeit, gemeinsam Maßnahmen zu identifizieren, die die Bildungs- und Teilhabechancen für alle Schüler verbessern. „Das ist schon lange unser Ziel, aber wir wissen, dass wir hier auch noch einen Weg vor uns haben.“

Die Annahme bestätigte Politikberater Erik Flügge, der mit seinem Vortrag den Finger in die Wunde legte: „Wir halten uns für die Guten, weil wir denken, wir tun ja etwas. Aber tun wir wirklich genug? Erreichen wir denn wirklich jedes Kind?“ Dass das nicht so ist, verdeutlichte Flügge an einem Beispiel. „Es gibt zig Kinder, die sich um ihre Geschwister kümmern müssen, weil die Eltern krank oder auch suchtkrank sind. Jetzt frage ich Sie: Haben sie wirklich in jedem Klassenzimmer in der ganzen Stadt einen Zettel hängen, wo sich ein Kind hinwenden kann, wenn es Hilfe oder Unterstützung braucht?“

Zum Nachdenken regte auch die Erfahrung an, die er bei Workshops in Schulen in ganz Deutschland gemacht habe. Zum sogenannten 8er-Rat seien Achtklässler aller Schulen einer Kommune eingeladen. Die Aufgabe der Mädchen und Jungen: Berichten, was sie bewegt. „Schnell ist eine Gruppe aufgefallen, die sich schwer tat, mitzumachen. Sie waren der Meinung: Uns hört doch eh niemand zu.“ Mit Fingerspitzengefühl und Beharrlichkeit habe man von der Gruppe erfahren, dass es auf dem Schulweg ein „unheimliches, verwildertes Gebüsch“ gibt. „Einer der Jungs hat hierbei zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass ihm wirklich jemand zuhört.“ Das Gebüsch sei später durch den Zuständigen entfernt worden. „Und der Junge lief jeden Tag an seinem persönlichen Erfolg vorbei.“

Messpunkte identifizieren

Flügge betonte, es sei wichtig, genau hinzuschauen, immer wieder zu hinterfragen. „Es gilt Messpunkte zu identifizieren. Beispielsweise: Welche Kinder haben sich in der letzten Zeit vom Schulessen abgemeldet? Hierdurch haben wir die Möglichkeit, bei den Eltern nachzuhaken, ob es daran liegt, dass kein Geld mehr dafür da ist.“ Das ermögliche es, zu unterstützen und sie auf den Kindergeldzuschlag aufmerksam zu machen. In Gruppen fanden sich die Teilnehmer anschließend in verschiedenen Workshops zusammen. Das gemeinsame Brainstorming brachte zahlreiche Idee an die Oberfläche, die das Bildungsbüro der Stadt Heilbronn nun auswerten, prüfen und gegebenenfalls umsetzen will.

 

Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme