Heilbronner und Pforzheimer Studierende aus den Bereichen Design und IT haben Kunstwerke geschaffen, die zum Nachdenken über die menschliche Beziehung zur Technik anregen.
Von Annika Heffter, Foto: Mario Berger
“Ich bin kein Roboter”, sieht man sich selbst mit verzerrter Roboterstimme sagen. Auf einem Bildschirm bewegen sich die eigenen Lippen zu den Worten, dabei hat man sie eigentlich nie gesagt. “Das ist ein sogenannter Deepfake”, erklärt Patrick Hanselmann, der an der Hochschule Heilbronn (HHN) seinen Master in Software Engineering absolviert.
Das gefälschte Selbst ist Teil der Ausstellung “Mirror Machines” (deutsch: Spiegel-Maschinen), die drei Tage lang in der Heilbronner Maschinenfabrik zu sehen war. Der Sinn der Ausstellung: einen anderen, künstlerischen und emotionalen Zugang zu Künstlicher Intelligenz (KI) zu schaffen.
Patrick Hanselmann ist einer von acht HHN-Studierenden, die sich um die technischen Aspekte, also etwa das Programmieren, der Exponate gekümmert haben. Zusammen mit 21 Mitstreitern aus dem Bereich Visuelle Kommunikation der Hochschule Pforzheim haben sie an den Ideen, der Gestaltung und Umsetzung der neun Exponate getüftelt.
Von einer KI werden Besucher in eine Schublade gesteckt
Dabei kommen beeindruckende Werke zustande. An einer Station in der Ausstellung geht es etwa um Gesichtserkennung. Dabei analysiert die KI die Gesichtszüge der Besucher und spuckt schließlich Rückschlüsse über die Person aus, etwa Alter, Familienstand, Herkunft und Gesundheitszustand. Der Bildschirm in der Ausstellung liefert dabei immer unterschiedliche Ergebnisse, unter anderem aus datenschutzrechtlichen Gründen.

Doch der Sinn des Exponats, erklärt Projektleiterin Professorin Nicole Ondrusch von der HHN, sei sowieso tiefgründiger: “Es ist ein aktives Erleben: Wie fühlt es sich an, von einer Maschine in Schubladen gesteckt zu werden?”, erklärt sie. Im alltäglichen Leben würde Gesichtserkennung schon vielfältig eingesetzt. Die Frage sei: Wie weit kann, sollte und darf KI gehen?
Warum empfinden wir Gefühle für Maschinen?
Manche Stücke reflektieren den Einfluss von Technik auf Natur und Nachhaltigkeit, bei anderen sind Gefühle dominierendes Thema. So wuseln bei einem Exponat kleine Roboter in einem Glaskasten herum. Sie interagieren miteinander, schleppen Päckchen, helfen sich gegenseitig. Wenn man sie anhebt, wollen sie wieder heruntergelassen werden. “Warum empfinden wir Gefühle für Maschinen, obwohl wir wissen, dass sie technikgesteuert sind?”, heißt die Leitfrage dieses Ausstellungsstücks.
Mit einer “Postkarte aus KI” will die nächste Station Besucher anlocken. Hier gibt man einen Begriff in einen Computer ein und die KI erstellt dazu ein Bild auf einer Postkarte. Rund um den Laptop hängen diese Karten und laden dazu ein, zu raten, welcher Begriff ihnen zugrundeliegt. Manche sehen tatsächlich so aus, wie man sich etwa das Wort “verdächtig” bildhaft vorstellen würde: mit einem Mann in Trenchcoat, den Hut tief ins Gesicht gezogen. “KIs tendieren dazu Klischees darzustellen”, sagt KI-Künstlerin Sabine Wieluch, die die Studierenden ebenfalls betreut hat.
Das Körperliche mit dem Digitalen verbinden
An der nächsten Station stehen zwei Mitglieder der Projektgruppe bereit, um zu erklären, was es mit dem großen “Duschvorhang” auf sich hat, der dort einen kreisförmigen Raum umhüllt. “Darin ist eine digitale Wolke, die mit Partikeln gefüllt ist”, sagt der Pforzheimer Student Justus Lietzke. Wenn man darin eintauche, “reagieren sie auf Bewegungen”, ergänzt Kommilitonin Johanna Heilig. Bei der Installation gehe es darum, das Körperliche mit dem Digitalen zu verbinden. Die beiden Studierenden sind froh, bei dem Projekt mitgemacht zu haben. “Es hat Spaß gemacht zu schauen, was technisch möglich ist”, sagt Litzke.

Diese Zusammenarbeit zwischen dem künstlerischen und dem technischen Studiengang ist auch der Pforzheimer Projektleiterin Dagmar Korintenberg wichtig: “Sie haben aus unterschiedlichen Perspektiven ausgelotet, was KI ist und was sie mit den Exponaten reflektieren und auslösen möchten.”
Veranstaltung des KI-Salons
Die Ausstellung war die erste offizielle Veranstaltung des KI-Salons Heilbronn. Thomas Bornheim von der Programmierschule 42 ist einer der Initiatoren und erklärt: “Es ist unser Ziel, Menschen mit unterschiedlichen Expertisen und Hintergründen zusammenzubringen” – so wie die Studierenden, die die Ausstellung zusammengestellt hätten und aus den sehr unterschiedlichen Bereichen IT und Design kommen. Außerdem sollten Veranstaltungen des KI-Salons Menschen einen “Zugang zu KI” bieten, die mit dem Begriff sonst eher wenig anfangen könnten.