Ausstellung in der Experimenta: Den eigenen Geschmack auf die Probe stellen

Die Heilbronner Experimenta entwickelt eine eigene Sonderausstellung mit Mitmachstationen. Gene, Umfeld oder Medien haben mal mehr, mal weniger Einfluss. Wer will, kann am Ende sein Geschmacksprofil mit anderen vergleichen.

Von Carsten  Friese, Foto: experimenta

Warum sind Geschmäcker so verschieden? Warum mag der eine jenes, der andere dieses nicht? Jeder Mensch hat seinen eigenen Geschmack, und das liegt nicht nur an unseren Genen.

Liebe, Essen, Mode, Musik und Wohnungseinrichtung sind Themenfelder

Mit einer eigenen Sonderausstellung “Geschmackssachen” will die Experimenta voraussichtlich ab Anfang Juni den Hintergründen genauer auf den Grund gehen und Besucher auf eine Reise mit Tests zum eigenen Geschmacksprofil einladen. Wie eine Shopping-Mall wird die Ausstellung aufgebaut sein, um unseren vielfältigen Geschmack auf fünf Feldern genauer unter die Lupe zu nehmen. Essen, Liebe/Partnerschaft, Mode, Musik und Wohnungseinrichtung sind Felder, in denen Besucher sich an Mitmachstationen ausprobieren können. Spielerisch sollen die Gäste auf dem Rundgang mit einer Chipkarte Geschmacksentscheidungen treffen – und am Ende ein Geschmacksmuster erstellen, das man ausdrucken und mit Freunden und Familienmitgliedern vergleichen kann.

Was bestimmt den Geschmack? Bei Vorlieben beim Essen sieht Experimenta-Ausstellungsleiter Dr. Christian Sichau die biologischen Grundlagen stark ausgeprägt. Manche Menschen nähmen bestimmte Bitterstoffe wahr, andere nicht oder kaum. “Da gibt es genetische Unterschiede.” Andererseits spielten auch Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle. Wer offener ist, probiere eher etwas Neues als jemand, für den Gewohnheit wichtig sei. Ob man dann sagen kann: “Das Essen schmeckt mir nicht, weil meine Gene das nicht mögen?”? Für Sichau ist so eine Antwort “sicher vertretbar”. Geschmack könne sich auch verändern, da Sensoren in unserer Zunge sich regelmäßig durch Zellerneuerung neu bilden. Das Schmecken von Bitterstoffen war für den Menschen einst wichtig, um mögliche Giftstoffe in der Natur als Gefahr zu erkennen. Bier und Kaffee haben auch Bitterstoffe. Kinder mögen beides nicht. “Bitter mögen”, sagt Sichau, “ist ein Lernprozess”, der unter anderem mit guten Gefühlen bei Gruppenerlebnissen verankert werden kann.

Musikgeschmack wird stark durch die Jugendphase geprägt

In der Mode sieht Sichau mehr Nachahm-Effekte und Gruppendefinitionen als Einflussfaktor. Mode sei ein Feld, um sich bewusst von anderen abzugrenzen. Und: Mit dem Kleidungsstil will man auch seiner Persönlichkeit Ausdruck verleihen, trifft oft bewusste Entscheidungen. Ein Orientieren an Freunden oder Prominenten ist verbreitet. Und hier spielen auch soziale Medien oder Influencer eine größere Rolle.

Mag man bei Musik Lieber Rock, Pop, Klassik, Schlager oder Jazz? Das familiäre Umfeld und der Freundeskreis spielen auch hier eine Rolle. Die Jugendphase ist für den Experimenta-Macher bei Musik sehr wichtig. Oft sei es auch ein Abgrenzen von den Eltern. Es gibt aber auch Studienergebnisse, dass emphatische Menschen eher gefühlvolle, ruhige Musik bevorzugen, systematische Menschen eher schnelle und intensive Musik.

Eine Testaufgabe: Welche Gesichter empfinde ich als attraktiv?

In der Liebe gibt es Erkenntnisse, dass wir uns von Menschen stärker angezogen fühlen, die uns oder unserem direkten Umfeld ähnlich sehen. An einer Station in der Ausstellung sollen Besucher anhand von Fotos festlegen, welche Gesichter sie attraktiv finden und welche nicht. An einer anderen Station wird hinterfragt, ob wir uns eine Beziehung mit einem digitalen Objekt vorstellen können. Mit “Lucy” wird in einer Kabine eine Unterhaltung geführt. “Kann man Gefühle zu einem Objekt aufbauen? Wie rasch vermenschlichen wir eine Maschine?”, fragt Sichau. Es gehe auch um die Frage, ob Maschinen helfen können, dass Menschen weniger einsam sind.

Die Antworten an den Stationen möchten mehrere Hochschulen gerne auswerten. Die Daten werden anonym, ohne Namen und Wohnort, erhoben. Stimmen Besucher zu, fließen ihre Aussagen in die Forschung mit ein. Für Christian Sichau soll der Besuch der Ausstellung am Ende dazu beitragen, dass man sich bei Geschmacksentscheidungen im Alltag auch selbst einmal “überprüft und bewertet”.

50 Gene entscheidend

Spinat oder Brokkoli schmeckt nicht für jeden gleich. Rund 50 Gene sind für unseren Geschmack beim Essen verantwortlich, haben Wissenschaftler des Weizmann-Instituts in Israel herausgefunden. Da diese Gene offenbar willkürlich aktiviert oder deaktiviert werden können, ist die Zahl möglicher Kombinationen riesengroß, schreiben “Planet Wissen” und “Welt.de”. Bei jedem Menschen sei die Kombination aktiver Gene zur Bildung bestimmter Rezeptoren in der Nase einzigartig. Deshalb nehme jeder Gerüche und Geschmacksrichtungen anders wahr.